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CSR – Die neue Business-Moral

csr-cover-07Wieso auf einmal alle von CSR – Corporate Social Responsibility reden. Der Aufruf zu mehr gesellschaftlicher Verantwortung von Unternehmen ist nicht neu. Politiker, Interessengruppen und Bürger diskutierten schon immer, wie weit sich ein Unternehmen in die Gesellschaft einbringen soll und darf – jeweils aus ihrer eigenen subjektiven Erwartungshaltung heraus.

Corporate Social Responsibility prägt die Märkte von morgen
Auszug aus Trenddossier des Zukunftsinstituts

Wieso aber wird die Debatte immer lauter geführt, wieso schlagen uns allenthalben CSR-Sonderteile aus den etablierten Wirtschaftsblättern entgegen? Weil das Engagement für das Gute und nachhaltiges unternehmerisches Handeln zum ökonomischen Zwang wird und vor uns ein hypermoralisches Zeitalter liegt, in dem Marketing, Ökonomie und öko-soziales Engagement zunehmend konvergieren. Indizien gefällig?

Business-Moral: Das Brennglas der globalisierten Mediengesellschaft

Die großflächigen Veränderungen, deren Dimensionen in allen gesellschaftlichen Bereichen spürbar sind, von der Technologie über die Kultur bis zu den ökonomischen Grundzyklen – so genannte Megatrends – bilden auch den Humus des neuen Moralismus:
>  Megatrend  Digitalisierung:  Im Zeitalter der Digitalmedien und des Überall-Fernsehens, dort wo ökologische und soziale Verantwortungslosigkeit mit einem  Mausklick entlarvt werden kann, ist nicht nur Zeigefingerrhetorik  allgegenwärtig, sondern  es wird deutlich, dass Ethik und Moral Wettbewerbsfaktoren sind.
>  Megatrend Individualisierung: Der politische Appell an die Selbstverantwortung des Bürgers angesichts der Wandel bedingten Herausforderungen des Sozialstaats wirft das Individuum auf  seine ureigensten Kräfte zurück: Kooperationsbereitschaft  Kollaboration, Mitsprache, Kreativität, Eigeninitiative – kurz: Die Zivilgesellschaft ist keine Wunschvorstellung mehr und der Einzelne nimmt Abschied vom Ego-Kult, findet sich wieder im Soft-Individualismus, der neue Konfigurationen zwischen Ich und Wir hervorruft. Die Unternehmen haben diese Emanzipation des einstmals hörigen und passiven Konsumenten (und Stammwählers) in den vergangenen Jahren missachtet.
>  Megatrend Globalisierung: Einstmals ferne Krisengebiete sind längst im heimischen Wohnzimmer angelangt. Afrika, AIDS, Armut oder Flüchtlingselend sind heute nicht mehr nur Themen für Kirchen und Initiativgruppen. Ob Walfang in Japan oder die CO2-Schleuder USA – im lobalen Dorf werden sogar ganze Nationen unter Generalverdacht gestellt. Die Globalisierungskritik ist längst keine Sache mehr von linksstudentischen Milieus. Und nicht zuletzt wirft der Terrorismus fast täglich kulturelle Globalisierungsfragen auf.
>  Megatrend Neo-Ökologie: Der Klimawandel und das „Ende des Ölzeitalters“ haben die Aufmerksamkeiten verlagert. Ob Hurricane Katrina, milde Winter oder Orkane über deutschen Kleinstädten – Naturgewalten sind wirkmächtiger als Ökofreaks. Und so manifestiert sich grünes Gedankengut immer mehr in der gesellschaftlichen Mitte. Fest steht, die Problemlagen verlangen Lösungsansätze – und diese finden sich ökonomisch und ökologisch nur auf Basis einer innovationsgetriebenen Erschließung regenerativer Energiequellen. Ethisch einwandfreies Wirtschaften ist somit die wirkungsvollste Antwort auf den zunehmend kritischer werdenden Konsumenten und Arbeitnehmer, für den die öko-sozialen Aspekte des Konsums (Bio-Produkte, sozialverträgliche Produktionsbedingungen, Fair Trade etc.) und des Kapitalismus („saubere“ Unternehmenskultur, Transparenz, Kooperationsbereitschaft, Mitsprache etc.) eine immer größere Rolle spielen.

{joomsay}Die Welt hat eine Dichte erlangt, in der die Tat unmittelbar zum Täter zurückkommt. Peter Sloterdijk{/joomsay}

Mit CSR in die Zukunft: Erschließung neuer Geschäftsfelder und Produktinnovationen auf Basis öko-sozialer Vorausschau. CSR ist kein kurzlebiger Managementtrend, sondern dokumentiert die Notwendigkeit für Unternehmen, weitsichtiger und umsichtiger zu denken und zu planen. Eine strukturierte Beschäftigung mit ethischen Fragestellungen zeigt frühzeitig gesellschaftliche und ökologische Probleme auf, die es für Unternehmen zu lösen gilt, bevor sie zu „hausgemachten“ Problemen werden.

Moral und Empörung verändern Märkte

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CSR als interaktives Kooperationsinstrument
CSR-Management steht zuweilen in der Kritik, Althergebrachtes neu zu verkaufen. Tatsächlich gab es schon immer mehr oder weniger verantwortungsvolle Unternehmen, die sich über gesetzliche Vorgaben hinaus um die sozialen und ökologischen Belange ihrer Geschäftstätigkeit kümmerten – auch mit eigennützigen Motiven im Hinterkopf. Der Unterschied liegt heute in der Komplexität, die weltweite Wertschöpfungsketten und Produktverantwortung mit sich bringen, sowie in einer aufgeklärten globalen Bevölkerung, die ihre Erwartungen an Unternehmen deutlich erhöht hat.
Während im 20. Jahrhundert die Grenzen der Verantwortung zwischen Staat und Unternehmen noch relativ klar definiert waren, werden diese zunehmend fließend und unscharf. Die Dynamik, mit der sich Stakeholdererwartungen, Werte, Politik, Technologien und Umwelt verändern, hat zudem stark zugenommen.
CSR-Management sollte deshalb als ein „interaktives Kooperationsinstrument“ zwischen Unternehmen und Gesellschaft gesehen werden, das in einem komplexen Umfeld als Radar funktioniert, um Risiken und Chancen aufzuspüren. Das Unternehmen kann so agieren anstatt zu reagieren.

Das Klimaschutz-Business boomt: Die Börse als Soziometer
Der „Markt“ der Nachhaltigkeit entwickelt sich derweil positiv. Immer mehr börsennotierte Unternehmen nehmen Nachhaltigkeitskriterien in die Unternehmenspolitik auf, um die Investitionsentscheidungen von Anlegern zu beeinflussen. Umweltkatastrophen wie im Jahre 2005 oder der milde Winter 2006/2007 werden den öffentlichen Druck zudem weiter erhöhen, so dass Beurteilungskriterien hinsichtlich CSR und nachhaltigen Wirtschaftens selbstverständlich werden.

CSR – kein neuer Wein in alten Schläuchen:
Auch der Mittelstand muss umdenken Sozial und ökologisch verantwortliches Handeln klingt besonders für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) nach einem längst bewährten Rezept. KMUs engagieren sich seit jeher in ihrem gesellschaftlichen Umfeld. Mittelständische Betriebe sind regionale Bedeutungsträger und treten nicht zuletzt als unverzichtbare Förderer lokaler Vereine auf.
80 Prozent der mittelständischen Unternehmen, so das Ergebnis einer Studie des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung (IfM), setzen sich aktiv durch Spenden, die kostenlose Überlassung von Produkten und Unternehmensressourcen oder durch die ehrenamtliche Tätigkeit der Geschäftsführung und ihrer Mitarbeiter für gesellschaftliche Belange ein. Die Bereiche Soziales, Kultur, Sport und Bildung sind dabei von vorrangigem Interesse.
Ein kleiner, aber feiner Unterschied – soziales und ökologisches Engagement muss strategisch verankert werden. Der Mittelstand ist mit seinem Engagement meist mehr als ein guter Corporate Citizen. Strategischer Weitblick in Sachen soziales oder ökologisches Engagement aber ist bei KMUs nicht unmittelbar an den Geschäftszielen ausgerichtet, wie es das Ziel jeder CSR-Maßnahme sein sollte.
An Gewinnmaximierung, Risikominimierung und Zukunftsmanagement in Hinblick auf neue Produkte und Geschäftsfelder denkt der gemeine Mittelständler nicht, wenn seine Firma mit Spenden und Sponsoring den städtischen Jugendclub unterstützt oder in der Weihnachtszeit die Fußgängerzone schmückt.
Das bestätigt auch eine Umfrage unter 50 deutschen Industrie- und Handelskammern im Sommer 2005. Soziale Engagements bei kleinen und mittelständischen Unternehmen sind häufig nicht strategisch verankert und werden selten öffentlich kommuniziert.

Nachhaltige Imagevorteile nur durch langfristige und alle Wertschöpfungsbereiche umfassende Engagements. Gute Taten als CSR-Ausrichtung des Unternehmens zu verkaufen, werden meist früher als später als „Greenwashing“ entlarvt. Ökosoziales Engagement ist nur glaubwürdig, wenn alle Wertschöpfungsbereiche von den Zulieferern bis zum Recycling der Produkte verantwortlich betrieben werden. Wer zu laut kommuniziert und sich vorschnell selbst den Heiligenschein aufsetzt, der muss mit der erhöhten Aufmerksamkeit und Skepsis seiner Stakholder rechnen, die heute, meist gut vernetzt, nicht lange zögern, kritisch hinter die Kulissen eines Unternehmens zu blicken.

Die LOHAS kommen: Der Feel-Good-Konsument von morgen
Dass der Diskurs über Nachhaltigkeit selbst nachhaltig ist, scheint also der Blick ins Finanzgeschäft zu bestätigen. Viele Experten gehen davon aus, dass in Zukunft noch stärker in „grüne Unternehmen“ investiert wird. Denn auch immer mehr private Anleger haben ein großes Interesse daran, in nachhaltige Unternehmen zu investieren und mit ihrem Geld weder Umweltzerstörung noch Rüstungsprojekte zu finanzieren. Diese Menschen gehören nicht zu einer idealistischen Randgruppe, sondern sind davon überzeugt, dass die Einführung und Einhaltung internationaler Umwelt- und Sozialstandards einen positiven Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens hat.

Ausgewählte Presseartikel (chronologisch)
„Studie verteidigt Regenwald-Kampagne von Krombacher“, Horizont, 20. August 2003
„Heilen durch Arbeit“ von , brand eins 10/2004
„Salatboom: McDonald‘s verbucht Umsatzrekord in Deutschland“, in: Spiegel Online, 22.02.2005
„Der wohltätige Teppichhändler“, brand eins, 10/2005
„When social issues become strategic“, in: The McKinsey Quarterly, 02/2006
„Traumdeuter – Wie General Electric die Gefahr der Traegheit abwendete“,
McK Wissen, 17/2006, www.brandeins-wissen.de
„CSR – The Collaboration Paradigm: Strategic Partnerships For Business“,
in: The New York Times (Advertisement), 2006
„Biertrinken für Bolzplätze, Zähneputzen für das Kinderdorf“, in: Spiegel Online, 27.10.2006
Sonderbeilage „Corporate Social Responsibility“, Financial Times Deutschland, 16.11.2006
„Der Gesellschaft verpflichtet“, in: Financial Times Deutschland, 27.11.2006
„Auf dem Radar“, in: CSR-Special, Wirtschaftswoche 51/2006
„Das BP-Inferno“, in: Spiegel Online, 17.01.2007
LOHAS-Studie 2/2007

Quelle:
Das Zukunftsinstitut
Strategisches Wissen für die Wirtschaft von morgen
Coaching und Consulting: Begleitung in Ihre bessere Zukunft …

Susanne Köhler, Andreas Haderlein
Februar 2007
92 Seiten
ISBN: 978-3-938284-26-1
135 € inkl. MwSt.

CSR – Die neue Business-Moral
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Nachhaltigkeit + die Entdeckung Trojanischer Pferde…

Populäre Projektionen dessen, wie eine Bewusstseinsveränderung aussehen wird, sind in den meisten Fällen nur eine Neugestaltung der „alten Denkschablonen „. Eine größere, bessere Box, in der das Paradigma aufgewertet wird, das die Bedingungen verbessert, unter denen wir unsere Sucht auf eine „grüne“ Art und Weise genießen können.

So wichtig wie das ökologische Bewusstsein ist, es ist nicht genug. Das neue Paradigma kann nicht aus der intellektuellen Abstraktion einer dualistischen Interpretation einer „besseren Welt“ verwirklicht werden, die auf der Infrastruktur der existierenden Varianten-Matrix aufbaut, die dieses Paradigma erzeugt.

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