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Förderung nachhaltiger Lebensstile

DenkwerkAnlässlich der Vorstellung des Memorandums des Denkwerks Zukunft „Psychische Ressourcen zur Förderung nachhaltiger Lebensstile“ erklären Professor Dr. Meinhard Miegel, Vorstandsvorsitzender des Denkwerks Zukunft und Professor Dr. Marcel Hunecke, Umweltpsychologe und Verfasser des Memorandums.

Die Art, in der Völker früh industrialisierter und zunehmend auch spät industrialisierter Länder leben, ist nicht zukunftsfähig, da sie die Tragfähigkeitsgrenzen der Erde übersteigt. Zukunftsfähigkeit setzt also eine Rückkehr in diese Grenzen voraus, die wiederum einen vielfältigen nicht zuletzt auch kulturellen Wandel erfordert, bei dem individuelle Zufriedenheit und gesellschaftliches Wohlergehen stärker als bisher aus immateriellen Quellen gespeist werden.

Um zu diesem Wandel beizutragen, hat das Denkwerk Zukunft in seinem 2011 veröffentlichten Memorandum Förderung nachhaltiger Lebensstile Vorschläge unterbreitet, wie hierfür gesellschaftliche Potentiale mobilisiert und staatliche Rahmenbedingungen verändert werden können.

Das aber reicht noch nicht, um überholte, tief wurzelnde Sicht- und Verhaltensweisen zu überwinden. Vielmehr bedarf es hierfür auch psychischer Voraussetzungen, die bislang wenig erforscht sind. Diese Lücke versucht das Denkwerk Zukunft mit vorliegendem Memorandum zu schließen. Es nimmt dabei Überlegungen auf, die ein Arbeitskreis der Ernst Freiberger-Stiftung unter Leitung des Denkwerks Zukunft bereits 2010 angestellt und in seinem Memorandum „Zufrieden trotz sinkenden materiellen Wohlstands“ veröffentlicht hat. Demnach hängt die Zufriedenheit eines Menschen nicht nur von gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen, sondern auch von ihm selbst ab.

Welche psychischen Ressourcen Menschen befähigen, ihre Zufriedenheit ganz wesentlich aus immateriellen Quellen zu schöpfen und damit nachhaltige Lebensstile zu pflegen und wie diese psychischen Ressourcen gestärkt werden könnten, ist Gegenstand vorliegenden Memorandums, das der Umweltpsychologe Marcel Hunecke im Auftrag des Denkwerks Zukunft verfasst hat. Er stützt sich dabei auf Ergebnisse der sozialökologischen Forschung, der Umweltpsychologie, der positiven Psychologie und der ressourcenorientierten Beratung, die in der von ihm entwickelten Genuss-Ziel-Sinn-Theorie zum ersten Mal systematisch zusammengeführt werden.

Demnach unterstützen vor allem sechs psychische Ressourcen den kulturellen Wandel hin zu nachhaltigen Lebensstilen:

  • Genussfähigkeit, da sie die Intensität von positiven, sinnlichen Erfahrungen steigert und ohne großen materiellen Aufwand kurzfristig wirksam wird,
  • Selbstakzeptanz, da sie Unabhängigkeit und Autonomie stärkt und dadurch Widerstandskraft gegen kompensatorischen und demonstrativen Konsum verleihen kann,
  • Selbstwirksamkeit, da sie Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die Gestaltbarkeit des eigenen Lebens stärkt,
  • Achtsamkeit, da sie durch die Fokussierung auf das unmittelbare Erleben den Blick frei macht für Bedürfnisse und Werte, die dem Einzelnen wirklich wichtig sind und damit das Streben nach immer mehr materiellem Besitz begrenzen kann,
  • Sinngebung, da sie vom Einzelnen aktive Sinnsuche erfordert und dadurch transzendente oder sozial ausgerichtete Werte entdeckt bzw. gestärkt werden können, die einem unreflektierten, individualistischen Materialismus entgegenstehen,
  • Solidarität, da sie positive Emotionen wie Zugehörigkeit, Sicherheit und Vertrauen aktiviert und damit ein subjektives Wohlbefinden fördern kann, das nicht an materiellem Wohlstand orientiert ist.

Während die psychischen Ressourcen Genussfähigkeit, Selbstakzeptanz und Selbstwirksamkeit das Fundament einer starken Persönlichkeit bilden, setzen die Ressourcen Achtsamkeit, Sinngebung und Solidarität Reflexionsprozesse in Gang, die eine Hinwendung zu immateriellen Zufriedenheitsquellen bewirken können. Dabei stützen sich die sechs psychischen Ressourcen wechselseitig. Zudem können sie je nach Persönlichkeitsstruktur unterschiedlich aktiviert werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Einzelne durch eine Art Gehirnwäsche dazu gebracht wird, sich nachhaltig zu verhalten. Vielmehr soll er befähigt werden, Freude an immateriellen Dingen zu empfinden und selbstbestimmt nachhaltig zu leben.

Die sechs psychischen Ressourcen können durch gezielte Maßnahmen in unterschiedlichen Anwendungsfeldern wie in Programmen zur Gesundheitsförderung oder in Beratungs- und Coachingprozessen gestärkt werden. Ebenso lassen sie sich in unterschiedlichen organisatorischen und institutionellen Settings wie in Schulen, Hochschulen, Unternehmen, Non-Profit-Organisationen oder auf der Ebene des Gemeinwesens fördern.

Link > Psychologie der Nachhaltigkeit

Das vollständige Memorandum kann hier herunter geladen werden.

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Nachhaltigkeit + die Entdeckung Trojanischer Pferde…

Populäre Projektionen dessen, wie eine Bewusstseinsveränderung aussehen wird, sind in den meisten Fällen nur eine Neugestaltung der „alten Denkschablonen „. Eine größere, bessere Box, in der das Paradigma aufgewertet wird, das die Bedingungen verbessert, unter denen wir unsere Sucht auf eine „grüne“ Art und Weise genießen können.

So wichtig wie das ökologische Bewusstsein ist, es ist nicht genug. Das neue Paradigma kann nicht aus der intellektuellen Abstraktion einer dualistischen Interpretation einer „besseren Welt“ verwirklicht werden, die auf der Infrastruktur der existierenden Varianten-Matrix aufbaut, die dieses Paradigma erzeugt.

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