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Ethify Your Life

2. Arbeiten

Mit Erwerbsarbeit verstehen wir heute Tätigkeiten, die dem Wirtschaftskreislauf dienen. Wir bieten unsere Arbeitskraft als Arbeiter oder Angestellte an und erhalten dafür ein regelmässiges Einkommen: als Monteur, Kassier, LKW-Fahrerin, Bademeister, Krankenpfleger, Bankberaterin, Forscher, Putzhilfe oder Sekretär. Oder wir bieten selbstständig Produkte und Dienstleistungen gegen Verrechnung an: die Biobäuerin, der Winzer und der Bäcker kümmern sich um unsere Nahrungsmittel, der Installateur, die Heilpraktikerin oder der Arzt um unser Wohlbefinden und die Designerin oder der Schauspieler bereichern unser Kulturleben.

Nach Definition der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zählen zu den Erwerbstätigen alle Personen im Alter von 15 und mehr Jahren, die in einem Arbeitsverhältnis stehen (Arbeitnehmer) oder selbstständig ein Gewerbe, einen freien Beruf oder eine Landwirtschaft betreiben (Selbstständige, Unternehmer) oder als mithelfende Familienangehörige im Betrieb eines Verwandten mitarbeiten. Personen, die lediglich eine geringfügige Tätigkeit (Mini-Job) ausüben oder als Aushilfe nur vorübergehend beschäftigt sind, zählen ebenso als Erwerbstätige.

Die Zuordnung zu den Erwerbstätigen ist unabhängig von der tatsächlich geleisteten oder vertragsmäßig vereinbarten Arbeitszeit. Auch Personen, die zwar nicht arbeiten, bei denen aber Bindungen zu einem Arbeitgeber bestehen (z.B. Personen in Mutterschutz oder Elternzeit, die diesen Urlaub aus einer bestehenden Erwerbstätigkeit angetreten haben), gelten als erwerbstätig.

2007 waren in den 27 EU Staaten 65,4% der Menschen im erwerbsfähigen Alter beschäftigt, 58,4% sind Frauen. Zusätzlich waren 7,1% als arbeitslos gemeldet. Diese bedeutet, dass 27,5% entweder gar keine Arbeit suchten oder bereits in Frühpension waren. Europäer hören tatsächlich früher mit der Erwerbsarbeit auf: nur mehr 44,7% der zwischen 55 und 64-jährigen und nur 8,6% der 65-69 jährigen sind aktiv, wohingegen in den Vereinigten Staaten noch 28,7% bis knapp an die 70 arbeiten.

In den Lissabon-Zielen der Europäischen Union wurden im Jahr 2000 für 2010 eine Beschäftigungsquote von 70% angepeilt. Politiker aller Parteien werden nicht müde, Massnahmen für eine Vollbeschäftigung setzen zu wollen: Konjunkturpakete werden geschnürt und ganze Industriezweige gestützt, damit die Leute eine bezahlte Arbeit finden. Mit der Wirtschaftskrise 2009 hat sich jedoch die Situation verschärft und die Arbeitslosenquote steigt in manchen Ländern wie in Frankreich auf 10% an.

Das Ziel einer hundertprozentigen Vollbeschäftigung, bei der jeder etwa 40 Stunden in der Woche arbeiten soll, ist und bleibt eine Illusion. Wenn im Jahr 2007 mit Hochkonjunktur 34,6% der Menschen in Europa zwischen 15 und 64 nicht arbeiten können oder wollen, und 18,2% aller Beschäftigen einer Teilzeitbeschäftigung nachgingen, kommen wir zur Erkenntnis, dass die Hälfte der erwerbsfähigen Menschen nicht voll arbeiten.. Die Politik muss ihr Ziel der Vollbeschäftigung neu definieren, denn die Wirtschaft funktionierte auch, wenn nicht alle voll anpacken. Und wir dürfen kein schlechtes Gewissen haben, wenn wir mal nicht oder weniger arbeiten, weil es kein Minderheitenprogramm ist.

Sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch auf dem Markt der Produkte und Dienstleistungen gilt das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Wenn Märkte gesättigt sind, wie etwa in der Automobilindustrie, gibt es auch weniger Arbeit. Wie liesse sich daher Arbeit gerechter verteilen? Die einzige konsequente Antwort lautet, das Konzept einer Vollzeitbeschäftigung aufzugeben und die Arbeit besser aufteilen.

Weiters müssen wir ein Bewusstsein schaffen, lokale Produkte und Dienstleistungen verstärkt zu konsumieren. Denn dadurch bremsen wir den Kaufkraftabfluss von schwächeren Regionen zu den Zentren oder in andere Regionen, die preiswerter produzieren, ab, ohne gleich mit Zöllen einen neuen Protektionismus zu schaffen. Lokale Währungssysteme, wie etwa das Schweizer WIR System, der Chiemgauer, der Waldviertler oder das Vorarlberger Talent können hierzu einen sinnvollen Beitrag leisten. Eine andere Massnahme wäre der Einsatz von Open Source Software oder der Konsum europäischer Musik oder Filme: anstatt Lizenzgebühren nach Hollywood oder Redmond zu schicken wird mit lokalen Dienstleistungen regionale Wertschöpfung forciert.

Nicht jeder Mensch kann sich in jeder Lebensphase in die Arbeitswelt einbringen. Eine Karenzzeit ist für die Betreuung eines Säuglings, für den Erwerb neuer Fähigkeiten oder für eine Auszeit angebracht. Es sollte daher ein Recht auf eine Grundsicherung geben, damit sich jede/r einen einfachen Wohnraum und Lebensmittel leisten kann. Denn ein Mindesteinkommen schafft Wahlfreiheit und erlöst von unmenschlichen Arbeitsbedingungen.

Vertreter eines bedingungslosen Grundeinkommen würden keine Prüfung an Bedürftigkeit oder an eine bestimmte Tätigkeit vornehmen. Sie sehen das bedingungslose Grundeinkommen als ein Projekt für mehr Freiheit, Demokratie und Menschenwürde, weil die Existenzangst wegfällt. Dies wäre allerdings ein Hohn gegenüber Menschen etwa aus Entwicklungsländern, vor allem dann, wenn wir das Geld dort ausgeben würden, weil die Lebenshaltungskosten in Thailand oder Südamerika billiger sind. Ein allfälliges Grundeinkommen müsste zumindest an einige ethische Grundsätze gekoppelt sein: Ein Bemühen um eine aktive, regionale Mitwirkung in den Lebensbereichen Erwerb, Subsistenz, Kultur und Politik müsste zumindest über die gesamte Lebensspanne hinweg betrachtet eingefordert werden. Da dies politisch schwer umsetzbar und auch nicht praktikabel überwacht werden kann, ist der Ausbau einer einfach administrierbaren Grundsicherung zunächst erstrebenswert. Erst wenn wir eine globale Umverteilung erzielt haben, können wir beginnen, ein bedingungsloses Grundeinkommen ohne Kompromisse umzusetzen.

Wann arbeiten wir genug? Werfen wir zuerst einen Blick in die Geschichte und dann auf jene Menschen, die sich über die Arbeit definieren. Sowohl die Antike als auch das Mittelalter verfügten über ein grundlegend anderes Verhältnis gegenüber der Arbeit. Bei den alten Griechen war körperliche Arbeit verpönt und das hochgeschätzte Philosophieren setzte Muße voraus. Nur wer sich alltäglichen Mühen und Arbeitszwängen entzieht, kann seinen echten Bedürfnissen frönen und hat den Kopf frei für neue Erkenntnisse und kreatives Handeln. Im Mittelalter wurde Arbeit bis zur Reformation als Mühsal, also als Strafe aufgefasst. Erst die protestantische Arbeitsethik ist gekennzeichnet durch die Vorstellung von Arbeit als Pflicht, welche den Mittelpunkt des Lebens darstellt. Luther und Calvin erhoben die Arbeit zum sittlichen Gebot, ebenso die Deutschen Philosophen des 18. und 19. Jahrhunderts. Die Mühen des Mittelalters mögen eine strenge Moral zur Arbeit gerechtfertigt haben, allein um die Familie ernähren zu können. Viele sind dennoch ausgewandert, und haben in Amerika mit demselben Ethos eine Zivilisation erschaffen, die diese Moral in ihrem evangelisch-methodistischen Glauben fortführen.

Heute leben wir im Paradies. Sämtliche Gelehrten aus früheren Jahrhunderten würden uns im Garten Eden sehen Maschinen nehmen heute so viel Arbeit ab, sodass nur mehr 2% der Bevölkerung in Deutschland in der Landwirtschaft arbeiten, und selbst diese sind zu viel: Milchseen und Butterberge drücken auf die Preise und zwingen immer mehr Bauern zum Nebenerwerb oder zur Aufgabe des Hofes. In den Supermärkten haben wir die Qual der Wahl: Benötigten wir für die Auswahl eines Softdrinks vor 7 Jahren noch 25 Sekunden, so sind es heute 40 Sekunden, bis wir eine Entscheidung treffen, auch wenn es sich mehrheitlich um Zuckerwasser mit verschiedenen Geschmäckern handelt Gefinkelte Marketingstrategien lassen uns gerne zum höherpreisigen Produkt greifen, in der Hoffnung, damit auch eine Offenbarung zu erwerben. Werbeprofis, Verpackungshersteller, Lebensmittelchemiker, Regalbetreuerinnen und wir Konsumenten haben mehr Arbeit, und zwar im Geschäft, ohne dass wir einen wirklichen Gewinn an Lebensqualität erhalten. Wenn wir uns auf ein dutzend verschiedener Säfte im Angebot beschränkten, würden einige Leute auf den Vollzeitjob verzichten müssen, weil sie keine neuen Getränkekreationen mehr entwickeln, aber wir befänden uns wohl noch immer im Schlaraffenland. Warum arbeiten Menschen so gerne so viel, dass wir mit immer mehr Gütern und Dienstleistungen beglückt werden wollen, die wir zumeist auch nicht brauchen?

Erwerb schafft Sicherheit, bietet Anerkennung und erzeugt Macht. Eine Firma ist ein Mikrokosmsos, der einen vor den großen Fragen des Lebens nach Sinn und Ziel unserer Existenz gut abschirmt. Die Welt der Arbeit bietet viele Ablenkungsmöglichkeiten mit noch genaueren Analysen, noch tolleren Innovationen und noch besseren Verkaufsstrategien. Diese werden geradezu mit militärischer Präzision geplant, bis der Mitbewerber erlegt ist, sofern nicht eine feindliche Übernahme ausgeheckt wird. Der Jäger aus der Steinzeit und der Oberfeldmarschall lassen grüßen.

Zwischen Furcht und Aggression auf dem Markt kann es auch zu Ablenkungshandlungen kommen, die die Biologen als Übersprungshandlung bezeichnen. Wenn Katzen im Revierkampf einander gefährlich nahe kommen, lösen sie oft den Konflikt, indem sie plötzlich zur Fellpflege schreiten und den Feind ignorieren. Die moderne Arbeitswut hat ihren emotionalen Notausgang beim Akten sortieren, E-mails löschen, beim Plaudern mit Kollegen oder in einer neuen Projektidee. Hauptsache, man ist nicht untätig. Viele Männer bleiben auch deswegen gerne lieber im Büro, weil dort das Chaos überschaubarer ist als jenes zu Hause, wo man sich um jeden Dreck selber kümmern muss. Im Büro kommt die Putzfrau, um aufzuwischen. Und wer sich eine Sekretärin halten darf, bekommt sogar einen Kaffee mit einem Fingerschnipp serviert – keine emanzipierte Partnerin macht das heute noch freiwillig.

In Japan bezeichnet man als „Karōshi“ einen plötzlichen berufsbezogenen Tod, meist ein durch Stress ausgelöster Herzinfarkt oder Schlaganfall. Zahlreiche Angehörige von Karōshi-Opfern haben die jeweiligen Arbeitgeber auf Entschädigungszahlungen geklagt und waren dann erfolgreich, wenn es ihnen gelang nachzuweisen, dass das Opfer an sechs Tagen in der Woche mehr als 12 Stunden pro Tag arbeitete. Viele Menschen fühlen sich im Büro so wohl, dass sie auch dann vorgeben, produktiv zu sein, wenn sie es schon längst nicht mehr sind. Das Phänomen des „Presenteeism“ bezeichnet jenes Stadium der Überarbeitung, wo Papier nur mehr von einem Stapel auf den anderen geschoben oder auf dem Bildschirm herumgeklickt wird, ohne einen Mehrwert zu schaffen.

John Naish beschreibt in seinem Buch „Genug“ einen Selbstversuch. Er beschränkte seine freiberufliche Arbeit als Journalist auf Teilzeit und engagierte sich ehrenamtlich für Interessensgruppen. Als er eine Festanstellung bei der Times angeboten bekam, antwortete er mit „Nein Danke“. Er fürchtete sich davor, nach Erreichen einer gewissen Position vor immer grösseren Anforderungen zu stehen, aber immer weniger dafür zu erhalten. Denn Tätigkeiten im Mediensektor erfordern vollen Einsatz und täglich neue Geschichten. „Denn obgleich Reichtum das große, glänzende Ziel ist, das uns verlockend vor Augen steht, verhilft er dem, der ihn hat, nicht automatisch zu einem besseren Lebensgefühl.“

Die 100 Superreichen fühlen sich nur wenig besser als Normalbürger, denn mit dem Geld kommen auch neue Sorgen. Das beste ist immer gerade gut genug, die Luxusgegenstände müssen mit Alarmanlagen und die teuren Bilder und Teppiche mit Security – Personal gesichert werden, sonst steigt die Versicherung aus der Police aus. Klingt nicht verlockend, wenn in jeder Nacht auf der Terrasse ein Wachmann vorbeispaziert und mit der Taschenlampe ins Wohnzimmer lugt. Die Gier endet auch nicht beim Gulfstream V, jenem Objekt der Begierde für private Jet-Setter, die in Paris frühstücken, in New York am abend shoppen, um am nächsten Tag auf den Bermudas einen Empfang zu geben. Die Gier ist ein Luder, oder um mit Epikur zu sprechen: Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug.

Doch wann ist genug? Das Maß für ein zufriedenes Leben liegt wohl knapp über dem Erreichen des Durchschnittseinkommens eines Landes. „Viel mehr zu verdienen als der Durchschnitt, führt lediglich dazu, dass zu Ihren Partys nur noch Unzufriedene und Frustrierte kommen“. Viele gut verdienende Menschen setzen die Prioritäten falsch. Sie überschätzen den emotionalen Auftrieb durch Geld und materielle Güter im Vergleich zum dauerhafteren Auftrieb durch Familie und Gesundheit. Letztere werden allzu oft dem Streben nach Geld und Gütern geopfert. Der plötzliche Herztod ist die häufigste Todesursache auch in den westlichen Industrienationen und tritt gehäuft am Montag vormittag auf.

Eine Reduktion der Anzahl der Wochenstunden ist vermutlich für eine Reihe von Menschen mit Ganztagsjob zunächst schwer vorstellbar. Ok, manchmal gibt es wirklich viel zu tun. Wer die Ernte einfahren oder mehrere Projekte gleichzeitig betreuen und termingerecht abschliessen muss, dem reicht oft auch die 60-Stunden Woche nicht. Wer im Tourismus arbeitet oder eine Veranstaltung organisiert, wird mal ohne Wochenende und mit wenig Schlaf auskommen müssen. Zur Kompensation soll dann aber eine andere Phase folgen, in der die Subsistenz, Kultur oder die Politik im Vordergrund stehen, sodass die Ethify Balance wieder ausgeglichen ist. Somit wird Erwerbsarbeit auch für andere Menschen leichter zugänglich, sofern man sich nicht absichtlich unersetzbar gemacht hat.

Heute ist die Bedeutung eines Berufs viel zu zentral. Je nach Milieu, in dem man die Gelegenheit hat, Menschen kennen zu lernen, dauert es unterschiedlich lange, bis man die Frage gestellt bekommt: „Und was machen Sie beruflich?“ Leute aus der Werbebranche benötigen dazu höchstens 30 Sekunden,. Freiberufler, Ärzte und Anwälte weniger als zwei Minuten, Arbeiter hingegen fragen oft gar nicht, ausser sie sind wirklich am Aufbau einer echten Freundschaft interessiert.

Hannah Arendt formulierte schon 1958 folgende These: „Was uns bevorsteht, ist die Aussicht auf eine Arbeitsgesellschaft, der die Arbeit ausgegangen ist, also die einzige Tätigkeit, auf die sie sich noch versteht. Was könnte verhängnisvoller sein?“ Keine Angst: die Arbeit wird uns nicht ausgehen, wir werden weiterhin Maschinen bedienen, die Brötchen backen, LKWs fahren, um die Nahversorgung zu sichern, Menschen medizinisch betreuen, Häuser isolieren, Kinder lehren, Webseiten programmieren oder Studien schreiben. Die Arbeit muss jedoch einen anderen Stellenwert erhalten, sie darf nicht alleiniges Identifikationsmittel sein, mit der die eigene Existenz gerechtfertigt wird.

Wer viel arbeitet, erhöht zwar den eigenen Marktwert und hat die besseren Aufstiegsmöglichkeiten oder eine Chance auf einen besserbezahlten Job beim Mitbewerber, läuft jedoch Gefahr, als Workaholic eingestuft zu werden. Beim Mitarbeiter-, Bewerbungs- oder Verkaufsgespräch gehört zum Standardrepertoire die Frage nach der Work-Life-Balance. Wer sich als allzu ehrgeizig präsentiert, wird als tickende Zeitbombe identifiziert. Ohne Familie, Freunde und Entspannung kommt irgendwann die totale Erschöpfung und eine nachhaltige Depression, das wissen mittlerweile auch Firmenchefs und Auftraggeber. Firmen sollten zur Optimierung der Balance auch den besten Mitarbeitern nicht anbieten, private Dienste zu übernehmen, zum Beispiel das Auto- oder Wäschewaschen, das Vermitteln von Tennispartnern oder das Abholen der Kinder von der Schule. Letztere sollten erstens sowieso alleine den Weg (am besten zu Fuss oder mit Fahrrad) zurücklegen und zweitens freuen sie sich, wenn ein Elternteil etwas früher nach Hause kommt, um nach der Hausaufgabe mit ihnen noch eine Runde Ball zu spielen. Wenn das Unternehmen die Work-Life-Balance in die Hand nimmt, hat es diese falsch verstanden.

Wie sieht die Arbeitswelt der Zukunft aus? Nachdem ein Job als Angestellter längst nicht mehr als Garantie für eine Dauerversorgung gilt, werden wir immer wieder neue Aufgaben suchen müssen. Wer selbstständig Dienstleistungen anbieten oder ein eigenes Geschäft betreiben möchte, wird die eigenen Qualifikationen stets auffrischen. Dazu gehört etwa, die eigenen Fähigkeiten, Produkte oder Dienstleistungen auch gut darstellen zu können. Wir werden für jene Firmen oder Kunden gerne arbeiten, wo die Teams kollegial sind, Umwelt und Menschen nicht zu Schaden kommen und kein Chef den Gewinn verzockt. Wenn wir auf das Ergebnis der Arbeit mit einem Team stolz sein dürfen, sind wir motiviert und produktiv.

Noch gibt es zahlreiche Tätigkeiten und Arbeitgeber, die diesem Idealbild nicht entsprechen. Mit einem Grundeinkommen entfiele die Existenzangst und wir würden nicht jeden Job annehmen müssen. Der Markt würde sich verschieben: Wir würden nicht faul zu Hause herumliegen, denn die meisten Menschen wollen etwas sinnvolles für die Gemeinschaft leisten und dazuzuverdienen wollen. Wirklich unangenehme Tätigkeiten müssten wesentlich besser bezahlt werden, damit sie auch gemacht werden.

Das Mincome war ein soziales Experiment, welches in den 70er Jahren die Auswirkungen der Einführung eines garantierten jährlichen Grundeinkommens untersuchen sollte. Dabei erhielten Bewohner der Stadt Dauphin, Kanada ab 1974 eine jährliche Geldauszahlung, die einem heutigen Wert von umgerechnet mindestens etwa 5.500 USD pro Person entsprach. Nach einem abrupten Ende des Experimentes 1977 kam es zu keiner offiziellen Präsentation der Ergebnisse. Der damalige Forschungsleiter Derek Hum veröffentlichte erst nach und nach Teilergebnisse der Studie. Dabei konnte nur ein geringer Rückgang der Arbeitsbereitschaft festgestellt werden.

Die Idee eines Grundeinkommens wird mittlerweile quer durch alle Parteien diskutiert. Bei den Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl 2009 mit CDU und CSU wollte die FDP einen Kurswechsel in der Sozialpolitik erreichen. Zu den wichtigsten Forderungen der Liberalen gehörte das sogenannte Bürgergeld in Höhe von 662 Euro, das Bedürftige als Pauschale vom Finanzamt erhalten sollten. Der ehemalige thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus forderte ein Solidarisches Bürgergeld genanntes bedingungsloses Grundeinkommen von EUR 800,- brutto für jeden (abzüglich EUR 200,- für eine Basis-Krankenversicherung). Alle staatlichen Transferleistungen sollen damit gebündelt werden. Verbunden ist das Konzept mit einer umfangreichen Umgestaltung in der Steuer- und Sozialpolitik. Nach dem Althaus-Modell entstünden dem Staat Deutschland jährlich Kosten in Höhe von 583 Milliarden Euro. Das heutige Sozialsystem kostet die Bundesrepublik derzeit 735 Milliarden Euro pro Jahr. Damit wäre ein bedingungsloses Grundeinkommen nach Althaus langfristig für den Staat günstiger als das heutige System. Die Grüne Grundsicherung sieht eine Reform mit mehreren Elementen vor: die schrittweise Einführung eines Grundeinkommens für Kinder (bedingungslose Kindergrundsicherung), der Öko-Bonus (ein Grundeinkommen finanziert aus Ökosteuern), ein temporäres Grundeinkommen (Brückenexistenzsicherung) und beim Arbeitslosengeld der Verzicht auf jegliche finanziellen Sanktionen, die dazu führen, dass das Einkommen unterhalb des Existenzsicherungsniveaus sinkt.

Nachdem Konsumbedürfnisse befriedigt sind und eine Marktsättigung mit der Fülle an Shampoos, Säften, Auto- oder Handymodellen erreicht ist, werden wir nicht Däumchen drehen, sondern wird unser Engagement in der Arbeitswelt in Richtung Nachhaltigkeit und Kreativität gehen. Wir werden uns um unsere Region kümmern, Betreuungsleistungen für Jung und Alt ausbauen und uns für die Bildung engagieren.

Mit Umwelttechnologien werden wir die Ziele des Klimaschutzes besser erreichen: Wärmedämmung, Nahwärmekraftwerke, die von Energielandwirten betrieben werden, der Ausbau von Radwegen oder Kleinwindkraftanlagen bieten genügend Tätigkeitsfelder für die nächsten Jahrzehnte. Und wenn wir die globalen Probleme ernst nehmen, werden wir unser Know-How auch exportieren und anderen Regionen zur Verfügung stellen.

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Nachhaltigkeit + die Entdeckung Trojanischer Pferde…

Populäre Projektionen dessen, wie eine Bewusstseinsveränderung aussehen wird, sind in den meisten Fällen nur eine Neugestaltung der “alten Denkschablonen “. Eine größere, bessere Box, in der das Paradigma aufgewertet wird, das die Bedingungen verbessert, unter denen wir unsere Sucht auf eine “grüne” Art und Weise genießen können.

So wichtig wie das ökologische Bewusstsein ist, es ist nicht genug. Das neue Paradigma kann nicht aus der intellektuellen Abstraktion einer dualistischen Interpretation einer “besseren Welt” verwirklicht werden, die auf der Infrastruktur der existierenden Varianten-Matrix aufbaut, die dieses Paradigma erzeugt.

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