crowd of people sitting on chairs inside room
Foto von Headway

Deutscher Zukunftskongress

Bereits im neunten Jahr entwarf der 2b AHEAD ThinkTank im Juni 2010 das Zukunftsszenario „Lebenswelten 2020“. Dabei wurden keine abstrakten Megatrends und keine unwichtigen Microtrends debattiert, sondern konkrete Geschäftsmodelle der Zukunft. Denn jene Trends, die tatsächlich Geschäfte und Märkte neu entstehen lassen, liegen in den Schnittmengen der verschiedenen Zukunftsvisionen Ihrer Branchen.

2b_ahead_schlossDer Neunte 2b AHEAD Zukunftskongress fand auf „Schloß Oelber am weißen Wege“, unweit von Braunschweig statt. Dieses malerische Anwesen bot eine sehr ansprechende Atmosphäre, und das bei schönsten Wetter. Die meisten Gesprächsrunden konnten im Freien abgehalten werden. In jeweils zwei offenen Zelten wurden parallel verschiedene Themen-Panels gleichzeitig abgehalten. Der Einstieg mit der Keynote am ersten Tag wurde von Stefan Gabriel unter dem Motto „Imagine the Future, Herausforderungen für das Unternehmen der Zukunft“ bestritten. Er ist President der 3M New Ventures, eine Tochter der global agierenden 3M Gruppe, die in ihrem Portfolio ca. 80.000 verschiedene Produkte u. Dienstleistungen enthält. Stefan Gabriel hat viele Jahre bei BMW in führenden Positionen gearbeitet u.a. in den Bereichen Strategie Consulting und Innovation Management Future Vehicle Concepts. Ausserdem ist er in einer Fülle von Netzwerken und Organisationen tätig, beispielsweise IDWI, Tech2b oder FutureLab for Architecture UCLA.

In seinem Impulsvortrag erläuterte er Erfolgsfaktoren und Innovationsmanagement für Geschäftsmodelle der Zukunft, und stellt die Frage, ob wir ein neues unternehmerisches Mindset benötigen, um komplett neue Märkte zu kreieren?
Er nennt Beispiele, an welchen Geschäftmodellen und Firmen sich 3M New Venture beteiligt oder einkauft, wobei die Grösse eines Unternehmens keine Rolle spielt, ob Startup mit wenigen Mitarbeitern oder ein grösseres Unternehmen. Seine Trendprognosen beschäftigen sich z.B. mit dem Thema „Ende der Massenwirtschaft“, Fernsehen 2020 erkennt Userbedürfnisse, Wachstum in Asien, E-Reading + E-Teaching, Sustainability oder auch E-Mobility. Er sagt dem Billboard (Flatscreen-Werbeflächen, Multi-Touch-Screen an öffentlichen Plätzen) eine grosse Zukunft vorraus, da  Unternehmen in klassischer Werbung wie Print und Fernsehen keine Weiterentwicklung mehr sehen.

Sven Gábor Jánszky, Trendforscher und Leiter des 2b AHEAD Think Tanks sprach anschließend zum Thema „2020 – Auf dem Weg zur DATA-Economy“. Als Trainer und Berater coacht Jánszky Manager in Prozessen des Trend- und Innovationsmanagements. Er ist Autor zahlreicher Artikel zu Lebenswelten und Geschäftsmodellen der Zukunft. Sein aktuelles Trendbuch „2020 – So leben wir in der Zukunft“ beschreibt die Lebenswelten des Jahres 2020.

Nach der Massenwirtschaft …

… der Beginn der DATA Economy

> Trendanalyse ist ein Teil des neuen Trendbuches

 

Die Themenvielfalt in diesen zwei Tagen war eine Herausforderung, zumal mehrere Panels gleichzeitig liefen. Fragen, denen sich die Experten widmeten: Wie wohnen wir 2020? Wie arbeiten wir 2020? Wie kaufen wir ein 2020? Wie reisen wir 2020?  Aber auch gesellschaftliche Fragen wurden debattiert: Wer sind die Verlierer und neuen Armen? Wie ändert sich Deutschlands Rolle in der Welt? Wie prägt die neue Generation 60-90 unsere Gesellschaft? Und wie lernen wir neu zu lernen?
Ausserdem waren folgende Themen vertreten: Leben in Augmented Realities, Deutschland zwischen Wertesehnsucht und Kulturdämmerung und der angekündigte Niedergang der Marken.

Hartmut Scheffler ist Geschäftsführer von TNS Infratest und stellte einige Thesen auf im Panel zu Wertesehnsucht und Kulturdämmerung rund um die Frage, ob es 2020 noch mediale Heimaten und kollektives Wissen gibt. Welche mediale Heimaten werden weiterhin bestehen: räumlich zeitlich gesehen, soziale Heimat und kulturelle Heimat.
Der Referent Prof. Dr. M. Wolffsohn ist Historiker von der Universität der Bundeswehr München und er breitete ein Szenario der Bedrohung durch Terroristen und Schurkenstaaten aus zur Frage: Wie kompensiert Europa die bislang historisch nötigen Krisen- und Kriegsphasen. Er attestierte der heutigen Gesellschaft und Teile der Politik eine romantische Realitätssichtweise und forderte auf, die Krise durch Bedrohungen aus dieser Richtung wahrzunehmen und mehr wehrhafte Massnahmen zu ergreifen. Wenngleich diese Tatsache nicht von der Hand zu weisen ist und tatsächlich ein adäquater Umgang mit gewaltbereiten Fundamentalisten wichtig ist, zeigt sich hier einmal mehr das Expertentum von seiner entblössenden Seite: Für Jemanden der einen Hammer in der Hand hält, sieht alles wie ein Nagel aus…

Danach folgte Dr. Dieter Haite, ein Benediktinerprior und referierte zur Frage: Was ist die Zukunft des Normativen? Seine Antworten zielten in eine Richtung, die sich mit Distanz nehmen zu Dingen und auch damit beschäftigten, wie Menschen zu sich selbst finden können. Dabei nahm er auch explizit Abstand zur katholischen Kirche, da innere Distanz nicht nur die äussere Welt meint, sondern auch der Abstand zu sich selbst und seinen inneren Überzeugungen. Seine Erklärungen kamen so auch mit Überzeugung an, weil spürbar gelebt und authentisch vorgetragen.

Im Rahmen des Zukunftskongresses des 2b AHEAD Think Tanks wurde das innovativste Geschäftsmodell der vergangenen zwölf Monate geehrt. Autovision, ein Tochterunternehmen von Volkswagen und Schirmherr des 9. Zukunftskongresses richtete den Preis aus. Die Auszeichnung des AutoVision Innovation Awards ging am Abend im Landesmuseum in Braunschweig an den Augmented Reality Browser „Layar“.

Der Preis wurde von AutoVisions-Geschäftsführerin Karin Sonnenmoser an Marc René Gardeya als Vertreter der Mitbegründerin Claire Boonstra übergeben. Ausgezeichnet wurde die Technologie als Vorläufer eines gigantischen Zukunftsmarktes, der daraus besteht, dass virtuelle Informationen an allen Orten und über Schnittstellen wie Handys oder Brillen in die reale Welt eingeblendet werden. Die intelligente Applikation für Smartphones markiert via Handykamera bestimmte Punkte in der Umgebung und zeigt dem Nutzer im Display erweiterte Daten dazu an, z. B. zu Restaurants, Geschäften oder Geldautomaten in der Nähe. > www.layar.com
Berlin Wall in 3D

 

Trotz aller Euphorie über technische Innovationen und deren Geschäftsmodelle stellt sich immer wieder diesselbe Frage: Nämlich nach dem Sinn, denn jede technische Errungenschaft verspricht zwar oftmals hohe Wertschöpfungen, aber nur weil etwas technisch machbar ist heisst das noch lange nicht, dass dies für Mensch und Umwelt Sinn macht oder echten Mehrwert bietet.

Das Thema Sinn- oder Innenwelten bekommt generell heute zu wenig Platz in unserer Kultur, dabei ist das Bedürfnis nach Entschleunigung und Innehalten sehr gross, weil unsere derzeitige Lebensweise unser Wohlbefinden untergräbt und auf Dauer kontraproduktiv ist. Die Fragen, mit welchen technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen der nächsten Jahre wir vorangehen müssen und welche Kraft den Menschen befähigt diesen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen ist schwer zu beantworten. Denn auf der einen Seite sind wir begeistert von Innovationen und dem was technologisch heute machbar ist, hinterfragen auf der anderen Seite aber kaum die Sinnhaftigkeit dieser Entwicklung. Wir gehen dieser Frage nicht auf den Grund, wenn wir behaupten, Technologie kann das Mittel zu Krisenbewältigung sein. Leider stellt sich oft sehr viel später erst die Erkenntnis ein, dass alle Dinge auch Schattenseiten haben, die wir zunächst nicht beachten. In der Mehrzahl kommt solches Verhalten noch aus dem „alten Denken“, weil hier nach wie vor Gewinnmaximierungsprinzipien an erster Stelle liegen, alle anderen Werte ordnen wir dieser Maxime unter.

Gerade in der Technologieentwicklung ist man geneigt mit Scheuklappen herumzulaufen, hier wird i.d.R. gut Geld verdient, da Neuentwicklungen selten hinterfragt werden, sondern wir interpretieren immer eine Verbesserung in das Neue. siehe > Smartphones + AppEconomy Einer der Gründe ist, dass eine neuartige Technologie in irgendeiner Weise Vorteile bietet, hier kommt die Konkurrenz in Zugzwang. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, wird ein innovativer technologischer Schritt für eine Branche unumgänglich. So schaukelt sich die Entwicklung in einem Kreislauf immer weiter in die Höhe.

Was wir überdenken sollten ist der Umstand, dass dieser Kreislauf technologischer Innovationen in der westlichen Welt auf gewachsenen Strukturen aufbaut, das heisst wir haben ein gutes Fundament an westlicher Kultur und Komfort erreicht, wo aber viel zu viele Produkte ihren Sinn in der Zerstreuung finden, was natürlich in Wahrheit sinnleer ist.
Würden wir unsere Innovationskraft z.B. für die Umwelt oder in die Entwicklung für die dritte Welt und auf die jeweiligen Bedürfnisse und Gegebenheiten einsetzen, liesse sich damit nicht nur Geld verdienen, sondern es wäre ein ausgleichender Faktor geschaffen, der mit ethischen Grundsätzen vereinbar ist: > Social Business

Und so ist auch der Fokus auf soziale Entwicklungen, Innenwelten, Entschleunigung und Work-Life-Balance oder Ausgeglichenheit ein Thema, welche in einer (Arbeits-) Welt voller Konkurrenz, Dynamik und emotionaler Aufmerksamkeitswettrennen sehr leicht in den Hintergrund rücken. Nur an den Stellen, wo Burnout und Stress die Grenzen überschritten haben, ist die Notwendigkeit erkannt. Wir kaschieren unsere Beschränkungen in unserer Berufswelt auch noch mit vielen kontraproduktiven Mitteln, letztlich ist das Bedürfnis nach neuen Werten und einer Gegenbewegung sehr gross. Auch deshalb fällt an dieser Stelle oft die Entscheidung gegen einen Karriereweg.
Hier sind u.a. Ursachen einer inneren Entfremdung und Zerissenheit zu suchen, die oft genug durch Ersatzhandlungen des Konsums eine Befriedigung erreichen sollen, diese Befriedigung aber nicht wirklich eintritt. Wir kaufen, weil wir Identität suchen, weil wir nicht wissen wer wir sind und weil wir nicht wissen, was wir wirklich brauchen.
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In jedem Falle ergab diese Veranstaltung Tuchfühlung und Einblicke, Kontakte zu Teilnehmern aus Wirtschaft und Industrie, die mit ihrer Tatkraft und Innovationen Treiber unserer Märkte sind. Es gab Einschätzungen zu globalen Entwicklungen die nicht einfach sind und in den nächsten Jahren unsere Welt wohl stärker verändern werden, als uns vielleicht lieb ist. Jede Veränderung bietet auch neue Chancen, wir müssen sie nur erkennen können. Ob und wie uns das gelingt, insbesondere in Hinblick auf die noch nicht ausreichende Wahrnehmung und Berücksichtigung der Faktoren „Mensch im Mittelpunkt“ und seine ungenutzten Potenziale, Natur und Umweltprobleme oder Gerechtigkeit für die Dritte Welt. Dies bleibt absehbar eine grosse Herausforderung, die vielleicht auch über Technologie, Innovationen und neues Wertebewusstsein gemeistert werden kann, ganz im Sinne dieser Kurzformel: Healthy People, Healthy Planet, Healthy Profits.

Weitere Info unter: www.2bAHEAD.com

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Nachhaltigkeit + die Entdeckung Trojanischer Pferde…

Populäre Projektionen dessen, wie eine Bewusstseinsveränderung aussehen wird, sind in den meisten Fällen nur eine Neugestaltung der „alten Denkschablonen „. Eine größere, bessere Box, in der das Paradigma aufgewertet wird, das die Bedingungen verbessert, unter denen wir unsere Sucht auf eine „grüne“ Art und Weise genießen können.

So wichtig wie das ökologische Bewusstsein ist, es ist nicht genug. Das neue Paradigma kann nicht aus der intellektuellen Abstraktion einer dualistischen Interpretation einer „besseren Welt“ verwirklicht werden, die auf der Infrastruktur der existierenden Varianten-Matrix aufbaut, die dieses Paradigma erzeugt.

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