Medien, Finanzmärkte, Petro- System.. Im Chaos, das kennzeichnend für eine Krise ist, mangelt es nicht an den unterschiedlichsten Erklärungen, die nichts weiter sind als Versuche, die eigene Sicht der Dinge als herrschende Meinung durchzusetzen. Und wer die Meinung kontrolliert, kontrolliert die Welt. Den Spielraum, den eine Krise mit seinem Chaos öffnet, ist immer auch der Rahmen für einen Krieg um die Bedeutungshoheit der Ereignisse, den die gewinnen, die entweder die Stärksten sind (auf kurze Sicht) oder die Weitsichtigsten (auf lange Sicht).
Für Otto Normalverbraucher besteht die große Schwierigkeit darin, inmitten dieses Krieges, in denen eine Interpretation der Ereignisse die nächste jagt (neudeutsch Narrative oder auch Story-telling), die Orientierung zu bewahren. Genau das ist die Aufgabe, die sich der GEAB seit Januar 2006 Monat für Monat stellt, nämlich seinen Lesern zu ermöglichen, hinter die Fassade zu schauen und sich nicht vom Propagandagetöse einschüchtern zu lassen, um somit die tiefgreifenden Entwicklungen soweit wie möglich zu erfassen. Diese Arbeit ist natürlich schon für jeden Einzelnen wichtig, der in diesen unsicheren Zeiten die richtigen Entscheidungen treffen muss. Aber noch wichtiger ist sie gesamtgesellschaftlich, denn welche Interpretation sich durchsetzt, ist entscheidend für die gesellschaftliche Weichenstellung in die Zukunft. Die Interpretation, die sich durch Propaganda und Medienmacht durchsetzt, und die, die ein besseres Abbild der Wirklichkeit bietet, sind in ihrem Wesen und ihren Folgen so verschieden wie die Ideologie einer bornierten Gesellschaft und das freie Denken und Handeln einer offenen Gesellschaft.
2015 – Media, finance, oil system, military-industrial complex, QE : the narratives war <> English
Im 20. Jahrhundert war es sicherlich für die Völker, die in die Falle ideologischer, von der Wirklichkeit abgekoppelter Systeme geraten sind, schwieriger, diese Katastrophe zu vermeiden. Heute haben jedoch die Gesellschaften, denen dank Internet jeglicher Zugang zu Informationen und zu den Mitgliedern anderer Gesellschaften offensteht, die Verantwortung für die Weichenstellung ihrer Zukunft. Der GEAB kann nicht für sich in Anspruch nehmen, immer Recht zu haben. Aber wir leisten sicherlich unseren Beitrag, um unseren Lesern zu ermöglichen, hinter die Manipulationsversuche bestimmter Narrative zu sehen, Meinungsmache von objektiven Fakten zu trennen und Propaganda von Information, damit sie sich ihre eigene tragfähige Meinung bilden können.
Wir haben bereits vorhergesagt, dass 2015 sich die Welt von vor der Krise und die Welt von Morgen überlagern und scheinbar gleichberechtigten Anspruch erheben würden, die Zukunft zu verkörpern; wobei die alte noch getragen wird von seinen Machtmitteln, die noch heute Wirkung zu entfalten vermögen (Medien, Armeen, Finanzinstitute und – Märkte), die neu jedoch von den dauerhaften Tendenzen der Neugestaltung der Weltordnung in der umfassenden weltweiten Krise.
In Wirklichkeit ist die Welt von vor der Krise inzwischen massiv geschwächt und seine verbleibende Dominanz ist nur noch das Ergebnis ihrer übergroßen Anstrengungen, unter Einsatz all seiner Machtmittel den Schein der alten Stärke aufrecht zu erhalten. Aber sie erschöpft sich in diesen Anstrengungen, genau wie die UdSSR im Rüstungswettlauf mit dem Westblock in den Untergang rannte.
Vier Machtmittel, die in der Krise stecken
Wir wollen uns einen Moment anschauen, in welchem Zustand sich diese berühmten Machtmittel der Welt von vor der Krise befinden:
Bei den Medien werden inzwischen ihre Objektivität, ihr Berufsethos und der Mehrwert, den sie für die Gesellschaft erbringen, von vielen Lesern angezweifelt. Und das Attentat gegen Charlie Hebdo wird die Reputation der Journalisten nicht wieder dauerhaft wiederherstellen können, ganz im Gegenteil; dass plötzlich Chefredakteure, die mit eiserner Faust die Interessen der Verlage und Eigner in ihren Redaktionen durchsetzen, sich einen Anstecker ‚Je suis Charlie‘ anheften und als potentielle Märtyrer der Pressefreiheit gerieren, missfällt vielen Journalisten, aber auch Lesern, die sich über deren Auffassung von Pressefreiheit berechtigte Fragen stellen. Vor diesem Hintergrund entwickelt sich allmählich eine überfällige Debatte über die Berichterstattung westlicher Medien zur Ukraine; oder über die zu strikten und engen Hierarchien in den Medien, die es unmöglich machen, ein wahres Bild der immens komplexen Realität einer multipolaren, multikulturellen und multisprachlichen Welt zu liefern; oder über die Anmaßung der Medien, sich als vierte Macht im Staat zu gerieren, die heute, da die Medien versagt haben, die Interessen des Volkes zu vertreten, eher wie eine unrechtmäßige Machtergreifung und eine Verdrängung des Volkes von der Macht wirkt, das sich heute vom Internet und seinen zahlreichen Quellen besser informiert fühlt. Natürlich haben auch heute die Medien eine wichtige Rolle in Politik und Gesellschaft zu spielen, indem sie das Volk mit Informationen, Fakten und Analysen versorgen, statt die Meinung der herrschenden Eliten dem Pöbel aufzuzwängen. Die Berichterstattung über die Ukrainekrise hat gezeigt, wie sehr die Medien von gewissen Interessengruppen gesteuert werden, die bestimmt nicht das Gemeinwohl zu fördern angetreten sind. Der Journalismus hat unter seiner Parteinahme für die herrschenden Schichten enorm Schaden gelitten. Entsprechend werden die Medien es zukünftig schwerer haben, den Interessen der herrschenden Eliten weiterhin so erfolgreich zu dienen, wie es ihnen bisher möglich war.
Das auf den Dollar basierende Finanzsystem, das gegenwärtig unter den Strömen frischen Geldes überhitzt[2], das für die aberwitzigsten Finanzwetten und extreme Spekulation eingesetzt wird. Die heutigen Finanzmärkte haben heute ihre ursprüngliche Aufgabe der Finanzierung der Realwirtschaft so gut wie eingestellt. Und die Banken, die sich weiterhin diesem Geschäftsfeld widmen, machen reihenweise Bankrott oder müssen Personal abbauen[3]. Nur die Investmentbanken, die sich auf Spekulation und Finanzwetten spezialisiert haben, verdienen viel Geld, aber werden für ihre Geschäftspraktiken und ihr Geschäftsmodell allgemein kritisiert. Die Privatpersonen haben sich von den Aktienmärkten zurückgezogen, die ihnen in den neunziger Jahren noch wie das Schlaraffenland erschienen[4]. Die Staaten (insbesondere die Schwellenländer wie z.B. China) wissen nicht, wie sie ihre heimische Wirtschaft vor Spekulationsblasen schützen sollen, die den Investmentbanken, die sie weltweit aufblähen, die Profite sichern, aber die Volkswirtschaften mit hot money überschütten, Unsicherheit schaffen und jegliche Industrie- und Wirtschaftspolitik unmöglich machen[5]. Auch die Realwirtschaft versucht, sich dem Diktat der Finanzmärkte zu entziehen, die sowieso nicht bereit sind, sie mit den notwendigen Krediten für Investitionen zu versorgen, und sucht nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten wie z.B., um nur eine zu nennen, das crowd- funding[6].
Das ‘Petro-System’ ist zusammengebrochen: Den USA ist die Kontrolle über die wichtigste Energiequelle des 20. Jahrhunderts entglitten, weil erstens mit der Schaffung des Euro im Jahr 2002 eine Alternativwährung für den Kauf von Öl zur Verfügung stand, die von einigen Ländern genutzt wurde, um sich aus amerikanischer Abhängigkeit zu befreien, zweitens die OPEC wegen der Schieferölrevolution ihr Fähigkeit zur Festsetzung des Ölpreises verloren hat und drittens die gerade in Europa betriebene Energiewende, die bald von den Schwellenländern kopiert werden wird, dazu geführt hat, dass der Ölpreis zusammengebrochen ist. Die Bedeutung des Dollars basiert heute nur noch auf seiner Funktion als eminent wichtige Währung auf den Ölmärkten. Mit dem Verlust dieser Funktion verliert der Dollar den Rest seiner Vertrauensgrundlage.
Der millitärisch- industrielle Komplex in den westlichen Staaten, der unter Haushaltskürzungen und der Austeritätspolitik leidet. Auch wenn der deutsche Finanzminister Schäuble verlautbaren lässt, dass die Militärausgaben ab 2017 sicherlich ansteigen müssen, ändert dies nichts an der Tatsache, dass die deutschen Militärausgaben auch dieses Jahr weiter zurückgehen[7], dass die neue griechische Regierung sicherlich alles dran setzen wird, die enormen, Griechenland massiv belastenden Kosten für eine hypertrophe griechische Armee, deren Größe und Ausstattung außer Verhältnis zur angeblichen türkischen „Gefahr“ steht [8], in den Griff zu bekommen, dass die Schnitte in den britischen Militärhaushalt die Amerikaner beunruhigen[9], dass das bulgarische Parlament trotz der Natoverfplichtungen des Landes sich weigert, den Militärhaushalt zu erhöhen[10] usw. Die Wahrheit ist, dass der Westen nicht mehr über die finanziellen Mittel für seine Politik verfügt.
Wer schwächer ist, muss lauter brüllen
Natürlich tönen diese vier Pfeiler der ehemaligen Macht der Welt von vor der Krise gerade jetzt so laut wie nie zuvor. Und von dem Getöse dieser nun geschwächten Mittel geht daher heute die wahre Gefahr aus:
Bei den Medien besteht weiterhin die Versuchung, sich als Werkzeug einer Ideologie missbrauchen zu lassen, was z.B. rotzfrech u.a. damit gerechtfertigt wird, man müsse der ganz offiziellen russischen Propaganda etwas Gleichwertiges entgegensetzen[11].
Die Banken, die Finanzmärkte, die Statistiken, die Höhe der geforderten Strafzahlungen und der Profite, und vor allen Dingen die immer unfassbareren Rekorde der Aktienkurse füllen die Seiten der Finanzmedien, während die Fallhöhe zwischen diesen gigantischen Summen, die die Finanzmärkte bewegen, und den Niederungen der Realwirtschaft immer gefährlicher wird. Aber mit der Macht dieser Summen im Rücken reklamiert das Banken- und Finanzsystem für sich zumindest für einige Zeit noch das Recht, den Zentralbanken und Regierungen die von ihm gewünschte Politik zu diktieren.
Die Entwicklungen am Ölmarkt rücken mehr als je die Erdöl produzierenden Länder in den Mittelpunkt, die nun auch in finanzielle Schwierigkeiten geraten und die sich neuorganisieren müssen; in erster Linie Saudi-Arabien, das unter Einsatz seiner Heerscharen von Islamisten versucht, den Nahen und Mittleren Osten unter seine Kontrolle zu bekommen und den Wahhabismus in der Region zu verbreiten[12].
Die Nato hat die katastrophale EU- Nachbarschaftspolitik 2014 für den Versuch eines Militärputschs in Europa genutzt. Die Strategie des westlichen militärisch- industriellen Komplexes ist recht simpel und von perfekter Logik: Konflikte werden ausgenutzt bzw. sogar geschaffen, um die eigene Unabkömmlichkeit nachzuweisen und höhere Budgets einfordern zu können.
Damit bedeutet die Schwächung der Machtmittel der kranken Welt von vor der Krise für zumindest noch einige Zeit, dass die globalen Risiken enorm sind: Gefahr von Kriegen (Öl, Nato), Gefahr einer ideologischen selbstbezogenen Einigelung des westlichen Lagers (Medien), Gefahr des wirtschaftlichen Zusammenbruchs (Finanzmärkte)…für mehr, abonieren Sie.