Die Politik aller westlichen Industrienationen, so scheint es, besteht heute aus kurzatmigen Entscheidungen. Man regiert „auf Sicht“. Aus Weltanschauung ist Opportunität geworden und aus langfristiger politischer Strategie wurde kurzfristige Taktik. Zwei Wochen vor der Bundestagswahl bittet Richard David Precht den Soziologen und Sozialpsychologen Harald Welzer in seine ZDF-Philosophiesendung „Precht“. Welzer konstatiert: Deutschland hat offensichtlich das Entwerfen seiner Zukunft verlernt. Eine solche Politik der Perspektivenlosigkeit, die sich passend selbst als „alternativlos“ beschreibt, ist für den Bestsellerautor Welzer („Klimakriege“, „Selbst denken“) ein Symptom für Staaten, die ihren wirtschaftlichen und politischen Zenit überschritten haben. Kennzeichen dafür sei vor allem das Festhalten an alten Erfolgsmustern, das die Probleme noch vergrößere, weil es den Horizont für das Denken des Neuen verenge. > ZDF-Videothek