Social Business führt aus der Weltfinanzkrise

Warum sollte ausgerechnet Social Business einen vielleicht entscheidenden Ausweg aus der gegenwärtigen Weltfinanzkrise darstellen? Nach dem Vertrauens-Totalschaden der in den vergangenen Jahren dominanten Wirtschaftsphilosophie – selbst keine Bank traut darin mehr der anderen – muss und wird es zu einem Paradigmenwechsel kommen, also zu einem neuen Fundament für eine neue Art von Vertrauen.
Zum Fundament der gegenwärtigen Wirtschaftsphilosophie wurde viel zu sehr die Gier. Die Vertrauenslogik auf diesem Fundament lautete: Je mehr Gier wir für „die Fittesten“ zulassen, desto mehr blühe die Wirtschaft auf und desto mehr Reichtum würde dann von oben nach unten durchträufeln. „Trickle-down“ nennen dies die Wirtschaftstheoretiker. Heute wissen wir nun: Gier führt stattdessen zu noch mehr und zu immer waghalsigerer Gier mit immer größeren Risiken und Nebenwirkungen für die Gemeinschaft.

Social Business bedeutet demgegenüber: Unternehmen folgen nicht mehr der Maxime der Gewinnmaximierung. Der Zweck von Unternehmensgründungen ist die Lösung von gesellschaftlichen Problemen, der Dienst für individuellen, gemeinschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt. Social-Business-Unternehmen arbeiten dabei sehr wohl ebenfalls gewinnorientiert, aber der Hauptteil des Gewinns bleibt im Unternehmen – und wird zur Ausweitung von dessen sozialem Zweck eingesetzt.

Wenn sich in der jetzigen Krise die Wirtschaftsphilosophie von Social Business durchsetzen würde, käme eine gründlich andere ökonomische Logik zum Tragen. Das Fundament von Social Business ist Sinnhaftigkeit. Die daraus sich ableitende Vertrauenslogik lautet: Je mehr Sinnhaftigkeit sich mit wirtschaftlichen Tätigkeiten verbindet, desto besser werden die menschlichen Kräfte aller Menschen zum Wohle aller entfaltet. Das logische Ergebnis wäre mehr und ganzheitlicherer Wohlstand für alle.

Sollte das Wirtschaftsparadigma Social Business nicht nur nette Traumtänzerei sein, würde es eine völlig neue Qualität wirtschaftlicher Dynamik freisetzen, die der Gier-Ökonomie weit überlegen ist. Und es würde gravierend mehr Sinnhaftigkeit, sprich ökologische, gesellschaftliche und individuelle Nachhaltigkeit hervorbringen, denn dies wäre ihr unmittelbarer innerer Treibstoff. Die entscheidende Frage ist also: Wie realitätsnah ist Social Business? Hierzu einige Fakten:

§        Finanzpolitische Innovationskraft. Die Gier-Ökonomie führte weit mehr als zwei Drittel der Menschheit in ein Gefängnis aus Almosen, Sozialhilfe oder unwürdige Arbeits- und Abhängigkeitsverhältnisse. In ihr wurde der weitaus größte Teil der Menschheit beispielsweise als kreditunwürdig erklärt und damit von der Chance ausgeschlossen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Die Social-Business-Ökonomie kreierte währenddessen ein Bankensystem, das bis heute bereits 130 Millionen „Kreditunwürdigen“ Kredite gab – die sie pünktlich zurückzahlten und die bereits Abermillionen aus dem Teufelskreis der Armut befreiten. Das „Wirtschaftswunder von unten“ ist in Bangladesh längst eine sehr belastbare Realität. Und das Kleinkreditsystem hat sich als skalierbar auf alle Armutsregionen der Welt erwiesen.

§        Ökologische Innovationskraft. Die Gier-Ökonomie hat chronische Probleme, den überlebensentscheidenden ökologischen Erfordernissen gerecht zu werden. Vor allem in den weiten Armutsregionen der Welt bleibt hierfür fast kein Freiraum. Die Social-Business-Ökonomie kreierte währenddessen durch „Grameen Shakti“ beispielsweise ein System, das Armutshaushalte mit ausreichend Solarenergie versorgt – ohne Subventionen von außen und zu Tarifen, die weit unter dem liegen, was die Armen bisher für Energie bezahlen mussten. Und dieses System ist skalierbar auf nahezu alle Armutshaushalte weltweit.

§        Weltwirtschaftliche Innovationskraft. Immer mehr mittelständische bis große Unternehmen erkennen derzeit, dass die Zukunft der Weltwirtschaft und ihre eigene Zukunft in der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen für die heute noch wenig oder nicht entwickelten Märkte in den bisherigen Armutsregionen der Welt liegt. Immer mehr Social Joint Ventures wie jenes zwischen Grameen und Danone entstehen aus diesem Grund. Gerade exportorientierte Ökonomien wie die deutsche wachsen in der Zukunft vor allem entsprechend ihrer Leistung für die globale Überwindung der Armut.

§        Innerbetriebliche Innovationskraft. Selbst innerhalb der Rahmenbedingungen der Gier-Ökonomie erweisen sich immer mehr gerade jene Unternehmen als die erfolgreichsten, die ihre Mitarbeiter besser behandeln als ihre Konkurrenten. Auch hier erweist sich Sinnhaftigkeit als Antrieb für individuelle und gemeinschaftliche Leistungen der Gier weit überlegen. Solche Unternehmen sind gesellschaftlich nützlicher, ökonomisch profitabler sowie sinnerfüllender für die Mitarbeiter.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erwies sich die Soziale Marktwirtschaft als ein höchst wirkungsvoller und belastbarer Turbo eines großen Wirtschaftswunders. Verantwortlich für die Sicherstellung des Sozialen war hier vor allem der Staat. Die Social-Business-Ökonomie bedeutet demgegenüber ein neues Paradigma. In ihr sind nach wie vor klare, von der Gesellschaft und unserer staatlichen Gemeinschaft bestimmte Rahmenbedingungen unabdingbar. Aber das Soziale ist hier nicht mehr so sehr eine staatliche Ausgleichsleistung, sondern unmittelbarer Leistungsantrieb für die Menschen in ihrer ökonomischen Tätigkeit. Überall dort, wo sich bisher die neue Social-Business-Ökonomie entfaltete, werden immer neue Zusammenhänge zwischen individueller Sinnhaftigkeit und sozialer Qualität auf der einen Seite und ökonomischem Erfolg auf der anderen Seite entdeckt.

Die Social-Business-Ökonomie ist nicht nur in jeder – auch wirtschaftlicher – Hinsicht die wesentlich bessere Ökonomie als die Gier-Ökonomie. Sie ist zugleich auch die wesentlich sozialere Marktwirtschaft im Vergleich zur bisherigen Sozialen Marktwirtschaft. Sie ist eine Soziale Marktwirtschaft einer höheren Ordnung. In ihr wird nicht nur der Staat, sondern werden wir sozialer, weil wir dies als persönlich und ökonomisch weitaus intelligenter und sinn-reicher erkennen.

Der VISION SUMMIT 2008 führt viele Pioniere der Social-Business-Ökonomie am 1. und 2. November in Berlin zusammen. Nutzen wir dies zu einem Durchbruch für eine grundlegend neue Wirtschaftsphilosophie und für eine neue Vertrauensbasis für unsere gemeinsame Zukunft.

Peter Spiegel

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V.i.S.d.P.: Peter Spiegel, Institutsleiter des GENISIS Institute for Social Business and Impact Strategies www.genisis-institute.org, www.visionsummit.org

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Nachhaltigkeit + die Entdeckung Trojanischer Pferde…

Populäre Projektionen dessen, wie eine Bewusstseinsveränderung aussehen wird, sind in den meisten Fällen nur eine Neugestaltung der „alten Denkschablonen „. Eine größere, bessere Box, in der das Paradigma aufgewertet wird, das die Bedingungen verbessert, unter denen wir unsere Sucht auf eine „grüne“ Art und Weise genießen können.

So wichtig wie das ökologische Bewusstsein ist, es ist nicht genug. Das neue Paradigma kann nicht aus der intellektuellen Abstraktion einer dualistischen Interpretation einer „besseren Welt“ verwirklicht werden, die auf der Infrastruktur der existierenden Varianten-Matrix aufbaut, die dieses Paradigma erzeugt.

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