Marketing Review
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LOHAS im Kontext der Sinus-Milieus

LOHAS-Konzept

Aktuelle Diskussionen im Kontext des nachhaltigen Konsums sind ohne den LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability) als neuartige Zielgruppe kaum noch denkbar. Auch wenn der LOHAS die zentralen Anforderungen an das Lebensstilkonzept erfüllt, so lassen sich die abgeleiteten Implikationen nur schwierig in ein operativ erfolgreiches Nachhaltigkeitsmarketing übertragen. Die Verortung des LOHAS innerhalb der Sinus-Milieus kann die Unschärfe dieses Ansatzes reduzieren und so zusätzlich Informationen für das Marketing bereitstellen.

Die Medienpräsenz von Schlagwörtern wie „Bio“, „Öko“, „Nachhaltigkeit“ und „Gesundheit“ macht deutlich, dass sich die Gesellschaft wandelt. Hierbei spielt auch das Phänomen des LOHAS1 eine immer größere Rolle. Doch das Akronym, das oft stellvertretend für Konsumenten, die z. B. Bio-Produkte oder Hybrid-Autos kaufen, verwendet wird, hat sich in den Medien zu einem Modebegriff entwickelt. Auch wenn Cohen (2007, S. 63) in dem LOHAS einen lohnenswerten Forschungsansatz sieht, ist eine wissenschaftlich zu nennende Fundierung dieses Zielgruppenansatzes bis heute kaum erkennbar. Dieses Theoriedefizit soll in der vorliegenden Arbeit thematisiert und in einem ersten Schritt reduziert werden. Dazu verorten wir in einer Analogiebetrachtung den LOHAS innerhalb des bewährten Sinus-Milieu-Ansatzes. So erhalten wir erste Aufschlüsse über die soziale Position und die Grundorientierung der LOHAS.
Im Rahmen des Nachhaltigkeitsmarketing ermöglicht ein theoriegestütztes LOHAS-Konzept einerseits eine Erfolg versprechende nachhaltigkeitsorientierte Marktsegmentierung. Andererseits können Unternehmen durch die spezifische Kenntnis des LOHAS gezielt nachhaltige Argumente als Profilierungsdimensionen in der Marketingkommunikation und bei der Positionierung einsetzen (vgl. Balderjahn/Scholderer 2007, S. 279). Die strategische Relevanz dieser Zielgruppe wird deutlich, wenn sowohl der Bevölkerungsanteil als auch die Verbreitung dieser nachhaltigen Orientierung in den Sinus-Milieus betrachtet werden. Gemäß den Schätzungen des Instituts für Umweltmanagement der Universität Hohenheim können wir zukünftig in Deutschland von 5 Mio. Haushalten und einem Marktpotenzial von 200-400 Mrd. Euro pro Jahr für dieses Lifestyle-Segment ausgehen (vgl. Schulz 2008). Allerdings weichen die Schätzungen zum Marktpotenzial je nach Studie sehr stark voneinander ab (vgl. Holst 2008, S. 13).
Auch wenn der LOHAS zentrale Anforderungen an das Lebensstilkonzept erfüllt, so sind die Implikationen dieses Ansatzes viel zu allgemein, um ein operativ erfolgreiches Nachhaltigkeitsmarketing zu ermöglichen. Mit der Verortung des LOHAS innerhalb der Sinus-Milieus gelingt es uns, diese Unschärfe des Ansatzes zu reduzieren und strategisch relevante Informationen für das Marketingmanagement abzuleiten.
LOHAS: Lifestyle of Health and Sustainability
Der Terminus LOHAS stammt aus den USA und wurde im Jahre 2000 ursprünglich von der Natural Business Communications Inc. und der Lifestyle Media Company GAIAM Inc. im Rahmen einer großen Industriestudie (NBC 2000) als neuer Markt identifiziert (vgl. Ray/Anderson 2000, S. 329). Darüber hinaus führte das Marktforschungsinstitut American LIVES Inc. in den USA 13 Jahre lang empirische Studien zu den Werten und Lebensstilen der amerikanischen Bevölkerung durch. In der daraus resultierenden allgemeinen Lebensstiltypologie untergliedern Ray/Anderson (2000, S. 29) die amerikanische Gesellschaft in drei Subkulturen: die Modernen (48 %), die Traditionellen (24,5 %) und die Cultural Creatives (26 %). Die Cultural Creatives entpuppten sich als diejenige Zielgruppe, die in den fünf identifizierten Märkten der NBC-Studie die Nachfrager bildeten und wurden fortan als LOHAS bezeichnet.
Seitdem ist eine Vielzahl an Publikationen erschienen, die jedoch alle eine theoretische Fundierung dieses neuartigen Lebensstils weitgehend vernachlässigen (vgl. u. a. Biodiversité Culturelle 2006; Häusler/Kerns 2008; Kirig/Wenzel 2009; NMI 2009; Porter Novelli 2007; Reichart et al. 2007; Schommer et al. 2007; Wenzel et al. 2007). Alle diese Studien lassen in der Regel kaum Rückschlüsse auf spezifische Merkmale der Konsumenten dieses Segments zu und es fehlen insbesondere belastbare Angaben zur sozio-demografischen Struktur. Zudem sind kaum Informationen zur konzeptuellen Präzision des Phänomens LOHAS zu gewinnen. Da diesen Studien grundsätzlich die gleichen Charakteristika der LOHAS zugrunde liegen, haben wir uns bei der folgenden Präzisierung der LOHAS auf die Ursprungsstudie von Ray/Anderson (2000) bezogen. Unter dem Begriff LOHAS soll ein Lebensstil verstanden werden, der von den übergeordneten Werten nach Gesundheit und Nachhaltigkeit geprägt ist. Es ist ein durch persönliche Erfahrungen und dem Streben nach Selbstverwirklichung getriebener, authentischer und ganzheitlicher Lebensstil, der darauf ausgerichtet ist, in Harmonie mit der Natur und der Gesellschaft die persönliche Lebensqualität zu steigern (vgl. Ray/Anderson 2000, S. 34). In Abbildung 1 haben wir konstituierende Merkmale des LOHAS zusammengefasst, die auf einer Literaturanalyse der angeführten Studien beruhen.
Einzelne Konsumenten dieser Zielgruppe weisen i. d. R. nur eine spezifische Teilmenge dieser Merkmale auf (vgl. Wenzel et al. 2007, S. 114). Ebenso wie in anderen Konsumentensegmenten gilt auch für die LOHAS der Trend zur Pluralisierung ihres Lebensstiles. Demnach ist der LOHAS ein hybrider bzw. multioptionaler Konsument, der seine Bedürfnisse in Übereinstimmung mit Fragen der Gesundheit und der Nachhaltigkeit zu bringen versucht (vgl. Schubert 2000, S. 75 ff.). Um der Heterogenität innerhalb der LOHAS gerecht zu werden, unterteilen Ray/Anderson (2000, S. 14 f.) die LOHAS in eine Core Group (48 %) und in die Gruppe der Green Cultural Creatives (52 %). Wir übernehmen diese Unterteilung und unterscheiden zwischen den Intensiven LOHAS und den Gemäßigten LOHAS. Nach dieser Differenzierung konzentrieren sich die Intensiven LOHAS (Core Group) auf ihr inneres Gleichgewicht sowie auf ihre persönliche Entwicklung und setzen sich aktiv für soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit ein. Die Gemäßigten LOHAS (Green Cultural Creatives) sind dagegen weltlicher und extrovertierter angelegt. Ihre Werte sind pragmatischer und weniger unumstößlich.
Auf dem Weg zur Zielgruppe
Aufgrund mangelnder wissenschaftlicher Studien bleibt der Ansatz für das Marketing jedoch zu allgemein. Unsere Idee ist es deshalb, den LOHAS auf die Sinus-Milieus zu übertragen und ihn dort zu verorten. Wenn das gelingt, können wir im Analogieverfahren Aussagen über die (milieuspezifischen) Merkmale der LOHAS treffen. Daraus können dann marketing- und produktspezifische Strategien abgeleitet werden.
Die gewählte Vorgehensweise stellt einen systematischen und analytischen Vergleich der Sinus-Milieus und LOHAS dar. Dieser Typologievergleich kann (a) durch einen Abgleich der von den jeweiligen Konsumententypen abgedeckten Lebensbereiche, (b) durch die Identifikation zentraler Dimensionen, die den zu vergleichenden Typen gemeinsam sind, und (c) durch einen Vergleich anhand der Typennamen oder (d) der Beschreibungen erfolgen (vgl. Hartmann 1999, S. 133 ff.). Wir haben für diese Untersuchung die Methode des Vergleichs anhand von Typen- und Milieu-Beschreibungen (d) ausgewählt, da nur hierfür die erforderlichen Informationen und Daten zur Verfügung stehen. Die Brauchbarkeit dieser Methode ist in vielen Anwendungen bestätigt worden (vgl. u. a. Giegler 1994, S. 270; Hölscher 1998, S. 223; Reichart et al. 2007, S. 4). Da wir zwei im Aggregationsniveau und der Typenanzahl unterschiedliche Lebensstilkonzepte zusammenbringen, können allerdings Zuordnungsverzerrungen auftreten.
Wir haben den Sinus-Milieu-Ansatz für unsere Anliegen gewählt, da er im Marketing weit verbreitet ist (vgl. Bruhn 2009, S. 208 ff.). Die zugrunde liegenden Milieus bieten den Vorteil, eine große Spannbreite an Verhaltensweisen für verschiedene Lebensbereiche abzubilden. Der Erklärungsanspruch von Sinus ist hoch, da durch die Milieus die gesamte Alltagsgestaltung und Lebenswelt der Individuen erfasst werden sollen (vgl. Schwarz 2007, S. 56). Ein weiterer Grund für die Wahl des Sinus-Ansatzes findet sich im Vorliegen zahlreicher Studien mit umwelt- und gesundheitlichem Kontext für die Sinus-Milieus (vgl. u. a. Brand et al. 2003; Kleinhückelkotten 2005; Schubert 2000; Schwarz 2007). Des Weiteren liegt dem Sinus-Milieu-Ansatz eine speziell für Deutschland entwickelte Theorie zugrunde, wodurch dieser charakteristischer für die deutsche Bevölkerung ist als etwa die Euro-Socio-Styles oder VALS II.
Ziel des Milieumodells ist es, die Gesellschaft eines Landes anhand ihrer Grundorientierung einerseits und ihrer sozialen Lage andererseits in abgrenzbare Milieu-Typen zu untergliedern. Aus der Kombination dieser Dimensionen und unter Zuhilfenahme eines sogenannten Milieuindikators resultieren 10 unterschiedliche Milieus der deutschen Bevölkerung (vgl. Sinus Sociovision 2010).
Im Folgenden ist zu prüfen, mit welchen Sinus-Milieu-Typen der LOHAS am besten übereinstimmt bzw. in welchen Milieu-Typen LOHAS zu finden sind.
Verortung der LOHAS in den Sinus-Milieus
Auf Basis der einzelnen zur Verfügung stehenden Sinus-Milieu-Beschreibungen zu den Bereichen soziales und gesellschaftliches Engagement, Zahlungsbereitschaft für Qualität und umweltgerechte Produkte, Informationsverhalten, Ernährungsverhalten, Gesundheitsbewusstsein sowie zu generellen Werten und Einstellungen und der LOHAS-Beschreibung wurden Übereinstimmungen zwischen beiden Typologieansätzen gesucht. Kleinhückelkotten (2005) führte in diesem Zusammenhang eine Untersuchung bezüglich eines idealtypischen nachhaltigen Lebensstils durch. Für die einzelnen Sinus-Milieus erörterte sie deren jeweilige Nachhaltigkeitseigenschaften. Auf diese Ergebnisse wird in der vorliegenden Untersuchung Bezug genommen. Die im Typologievergleich gefundenen Übereinstimmungen können der Abbildung 2 entnommen werden.
Es zeigt sich, dass die LOHAS eher in den mittleren und oberen sozialen Schichten zu finden sind und eine Tendenz zu modernen, neueren, weniger traditionellen Werten aufweisen. Die Intensiven LOHAS sind nahezu deckungsgleich mit dem Sinus-Milieu der Postmateriellen.
Damit können die Beschreibungen des Milieus der Postmateriellen
„…gewöhnt, in globalen Zusammenhängen zu denken, setzen sie sich kritisch mit Übertechnisierung und Globalisierung auseinander“ (Sinus Sociovision 2010),
sie „…haben ein hohes Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein“, „…suchen im Beruf und im Privaten nach Sinn und Erfüllung“ und „…definieren sich nicht über Besitz und Konsum, sondern mehr über Intellekt und Kreativität“ (Kleinhückelkotten 2005, S. 140),
sie haben eine „…ganzheitliche Sicht auf Psyche, Körper und Geist, ihr Ziel ist es, eine ausgewogene Balance zwischen allen Lebensbereichen herzustellen“ (ebd.),
sie sind „…immer auf der Suche nach Informationen“, „…mit Kaufentscheidungen setzen sie sich kritisch auseinander und kaufen eher hochwertige Produkte, dafür aber selektiv“ (Kalka/Allgayer 2007, S. 26),
auf das Lifestyle-Segment der Intensiven LOHAS übertragen werden. Anders herum ist nahezu jede der von Ray/Anderson (2000, S. 8 ff.) festgestellten Eigenschaften dieser LOHAS-Gruppe bei den Postmateriellen wiederzufinden.
Des Weiteren lassen sich Intensive LOHAS auch bei den Sinus-Experimentalisten wiederfinden. Sie repräsentieren eher den jüngeren Teil der LOHAS. Darüber hinaus treffen die folgenden Beschreibungen der Experimentalisten auf die Intensiven LOHAS zu:
sie „…betreiben Esoterik, machen mentales Training und gehen kreativen Tätigkeiten nach“ (Sinus Sociovision 2010),
für sie spielt „…Selbstverwirklichung …eine zentrale Rolle“, sie „…suchen nach neuen Erfahrungen und Lebenssinn“ und „…soziales Engagement ist … ein zentraler Wert“, sie „…sehen im freiwilligen Engagement die Möglichkeit sich selbst zu verwirklichen“ (Kleinhückelkotten 2005, S. 150 f.),
Umweltfreundlichkeit der Produkte und Firmen ist wichtig, ihre „…Zahlungsbereitschaft für hochwertige Lebensmittel liegt über dem Durchschnitt“ (ebd.),
wenn Geld ausgegeben wird, muss es zur Persönlichkeit passen und etwas Besonderes sein (vgl. Kalka/Allgayer 2007, S. 41).
Die Gemäßigten LOHAS umfassen ein weit größeres Sinus-Milieu-Areal als die Intensiven, denn sie sind weniger konsequent in der Umsetzung ihrer Werte und Einstellungen, welche zudem auch pragmatischer sind und durchaus von klassischen postmateriellen Werten abweichen können (vgl. Ray/Anderson 2000, S. 34). So ist es möglich, einige Gemäßigte LOHAS bei den Konservativen wiederzufinden, trotz ihrer eher traditionellen Werte. Auch sie „…genießen immaterielle Werte und kümmern sich um Wohlbefinden und Gesundheit“ (Sinus Sociovision 2010), sie streben nach Harmonie und messen der Einheit von Körper und Geist einen hohen Wert zu. Auch die Konservativen verfolgen ähnlich kritisch wie die LOHAS die Entwicklungen in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft und engagieren sich ehrenamtlich im sozialen Bereich (vgl. Kleinhückelkotten 2005, S. 143). Sie zeigen „…Bereitschaft für umweltfreundliche und naturreine Produkte mehr auszugeben“ und sind „…kritische Verbraucher, die informiert und selektiv konsumieren“ (ebd.).
Die Sinus-Etablierten reflektieren ebenfalls Gemäßigte LOHAS, da auch sie Selbstverwirklichung und Individualität anstreben, gesellschaftliches Engagement zeigen und an Umwelt- und Naturschutz sowie Kunst und Kultur stark interessiert sind. Außerdem konsumieren sie überlegt und informiert und geben für umweltfreundliche, hochwertige und natürliche Materialien mehr Geld aus. Zudem achten sie auf gesunde Ernährung und der Genuss von gutem Essen mit Freunden in gemütlicher Atmosphäre ist ihnen wichtig (vgl. ebd., S. 138 f.).
Weiterhin finden sich Gemäßigte bei den Modernen Performern des Sinus-Milieu-Ansatzes, die durch ihr soziales Engagement, ihr Informationsverhalten, ihre Zahlungsbereitschaft für hohe Qualität und umweltgerechte Produkte, gerade auch im Lebensmittelbereich, sowie ihr Interesse für eine anspruchsvolle kulturelle Vielfalt als LOHAS überzeugen (vgl. ebd., S. 141 f.).
Auch bei der Bürgerlichen Mitte haben die Gemäßigten einen Platz gefunden, der sich an ihrem Harmoniestreben sowie ihrem Wunsch nach genussvollem Essen mit Freunden und gesellschaftlichem Engagement zeigt (vgl. ebd., S. 148). Zudem entsprechen sie in ihrem ökologischen Produktverhalten den Postmateriellen (vgl. Kalka/Allgayer 2007, S. 77) und verfolgen Werte wie Selbstverwirklichung und Individualität durch Lebenserfahrung und Bildung (vgl. Kleinhückelkotten 2005, S. 147).
Zuletzt sind auch die Sinus-Hedonisten zu den Gemäßigten LOHAS zu zählen, da sie zum einen ein großes Aktivitätspotenzial in Freizeit und Politik aufweisen und sich zum anderen durch gesellschaftliches und soziales Engagement sowie großes Interesse für den Natur- und Umweltschutzbereich auszeichnen. Die Motive für ihr Engagement sind Selbstverwirklichung und soziale Anerkennung (vgl. ebd., S. 152).
Unser Typologievergleich zeigt, dass die Werte, Einstellungen und Verhaltensweisen des LOHAS in der deutschen Gesellschaft weit verbreitet sind. Auch wenn sie in mehreren Sinus-Typen wiederzufinden sind, so konzentrieren sie sich doch in der intensiven Ausprägung auf die Postmaterialisten und Experimentalisten der Sinus-Milieus. Damit bestätigt sich die Hypothese der Multioptionalität dieses Lifestyles. Nur wenn wir uns auf die Intensiven LOHAS fokussieren, ist eine genauere Abbildung in den Sinus-Milieus möglich. Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass es sich immer nur um Teilmengen der LOHAS innerhalb eines Milieus handeln kann. Im nächsten Schritt wäre demnach eine Abgrenzung der LOHAS innerhalb des jeweiligen Milieus notwendig, um detailliertere Aussagen zu den Haushalten treffen zu können.
Implikationen für das Nachhaltigkeitsmarketing
Die Fokussierung auf die LOHAS ermöglicht eine nachhaltigkeitsorientierte Marktsegmentierung insbesondere im Zusammenhang mit der Verortung in den Sinus-Milieus, da anhand der Milieus zusätzliche Anknüpfungspunkte für das Marketing entstehen und sie damit besser zugänglich werden.
Die Kommunikation sollte sich zuerst an die gesellschaftlichen Leitmilieus richten, um von dort aus in die übrigen sozialen Milieus diffundieren zu können (vgl. Kleinhückelkotten 2005, S. 175 ff.). Als gesellschaftliche Leitmilieus lassen sich Postmaterielle, Etablierte und Moderne Performer heranziehen, die große Überschneidungen mit den LOHAS aufweisen. Diese Milieus übernehmen Meinungsführerfunktionen und tragen dadurch zu einer Verbreitung des Nachhaltigkeitsgedankens bei. In Abbildung 3 werden die LOHAS durch die jeweiligen Sinus-Leitmilieus beschrieben, welche sinnvoll für das Nachhaltigkeitsmarketing einsetzbar sind (vgl. Balderjahn 2004).
So kann das Milieu der Postmateriellen dem gesellschaftlichen Leitmilieu der Intensiven LOHAS zugeordnet und das Milieu der Modernen Performer und das der Etablierten als Leitmilieu der Gemäßigten LOHAS identifiziert werden.
Zur Optimierung der Zielgruppenansprache ist es sinnvoll, zunächst die innovationsoffenen Meinungsführer in den gesellschaftlichen Leitmilieus anzusprechen, um die Diffusion von nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen in den sozialen Milieus anzustoßen. Um gezielte Verhaltensänderungen herbeizuführen, sollte die Kommunikation an den milieuspezifischen Werten, Einstellungen und Verhaltensweisen der Leitmilieus anknüpfen. Werden dabei die Motivallianzen genutzt und mit positiven Assoziationen kommuniziert, wird die Kommunikation einen größeren Erfolg aufweisen, da der Marketing-Mix situationsspezifisch je nach Motiv wirken kann. Während Postmaterielle auf eine informationsreiche und moralisch aufgeladene Ansprache reagieren, sollten Hedonisten eher durch Hervorhebung des persönlichen Nutzens angesprochen werden (vgl. Rheingans 1996, S. 20 ff.).
Das Orientierungsmuster der Selbstentfaltung bezieht sich auf die Offenheit des LOHAS für Veränderungen des eigenen Lebensstils, die Erhöhung der eigenen Lebensqualität durch immateriellen Konsum und sinnstiftende Tätigkeiten (vgl. Kleinhückelkotten 2005, S. 185). Die Effizienzorientierung umfasst die Ausrichtung des LOHAS an technischen Lösungen, die Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Produkte und den umweltschonenden Gebrauch von Produkten in der Nutzungsphase. Je nach Betonung des Orientierungsmusters Effizienz oder Selbstentfaltung bei der Gestaltung der Kommunikationsmaßnahmen werden die LOHAS für die Marketingkommunikation zugänglich. Als Kommunikationskanäle können Massenmedien und Internet genutzt werden, da sich die Postmaterialisten von selbst aktiv auf die Suche nach Informationen zu sozialen und ökologischen Innovationen begeben (vgl. ebd., S. 180). Die beiden Leitmilieus der Gemäßigten LOHAS zeigen in ihren Orientierungen Ähnlichkeiten mit den Postmateriellen, weshalb hier mit einem Ausstrahlen der Kommunikationsmaßnahmen auf diese Milieus zu rechnen ist.
Ergänzend können Kommunikationsstrategien an den spezifischen Motiven und Vorstellungen der Gemäßigten LOHAS ausgerichtet werden. Selbstverwirklichung, Kompetenzerwerb und Trendsetter im Multimediabereich sind Ansatzpunkte bei den Modernen Performern. Die positive Einstellung gegenüber nachhaltigen technischen Innovationen kann Ausgangspunkt für die Ansprache der Etablierten sein. Eine ehrliche und aufrichtige Kommunikation ist dabei grundsätzliche Voraussetzung, da LOHAS generell als gut informierte, kritische und anspruchsvolle Konsumenten gelten.

Zusammenfassend kann das Konzept des LOHAS, inklusive dessen Verortung in den Sinus-Milieus, als sinnvoller und zweckmäßiger Ansatzpunkt für einen auf Nachhaltigkeit gerichteten Marketing-Mix betrachtet werden.

Alexandra Glöckner | Ingo Balderjahn | Mathias Peyer

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LOHAS im Kontext der Sinus-Milieus
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Nachhaltigkeit + die Entdeckung Trojanischer Pferde…

Populäre Projektionen dessen, wie eine Bewusstseinsveränderung aussehen wird, sind in den meisten Fällen nur eine Neugestaltung der „alten Denkschablonen „. Eine größere, bessere Box, in der das Paradigma aufgewertet wird, das die Bedingungen verbessert, unter denen wir unsere Sucht auf eine „grüne“ Art und Weise genießen können.

So wichtig wie das ökologische Bewusstsein ist, es ist nicht genug. Das neue Paradigma kann nicht aus der intellektuellen Abstraktion einer dualistischen Interpretation einer „besseren Welt“ verwirklicht werden, die auf der Infrastruktur der existierenden Varianten-Matrix aufbaut, die dieses Paradigma erzeugt.

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