EU-Projekt hilft bei der Überwachung der Umwelt in Ihrer Umgebung. Möchten Sie verfolgen, wie viel Ozon, Ruß und anderen Schadstoffen Sie ausgesetzt sind, wenn Sie mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sind? Möglich ist dies durch eine App – AirProbe – in Verbindung mit einer kleinen Sensorbox. Partner aus Belgien, Deutschland, Italien und dem Vereinigtem Königreich haben dieses System entwickelt, um das Bewusstsein der Bürger für ihre Umwelt zu stärken.
Über 300 Personen in Antwerpen, Kassel, Turin und London nahmen an den ersten Tests teil. Eine ähnliche App zu Lärmbelästigungen – WideNoise – wurde bereits von mehr als 10 000 Menschen genutzt und stand im Mittelpunkt einer am Flughafen Heathrow durchgeführten Studie. Die erhobenen Daten stehen allen – Bürgern, Behörden und Wissenschaftlern – zur Verfügung, so dass sie sich ein besseres Bild von unserer Umwelt machen können. App – AirProbe
„Durch das EVERYAWARE-Projekt sollten Menschen in die Lage versetzt werden, mit einfachen, präzisen Instrumenten Luftqualität und Lärmbelastung zu messen. Dann haben wir untersucht, wie sie das System sowie die Daten, die sie erhoben hatten, nutzen“, erklärt Projektkoordinator Vittorio Loreto, Forschungsleiter bei der ISI-Stiftung in Turin und Physikprofessor an der Universität La Sapienza in Rom.
Fünf Partner aus den Bereichen Sozial-, Computer- und Umweltwissenschaften brachten ihr Fachwissen ein. EU-Mittel in Höhe von 2 Mio. EUR wurden in das Projekt investiert, um die entsprechenden Instrumente zu schaffen und verschiedene Fallstudien durchzuführen.
Zwei Apps für Smartphones wurden entwickelt: AirProbe überwacht die Belastung durch Luftverschmutzung und WideNoise misst die Lärmbelastung. Beide Apps bieten auch soziale Spiele für den Austausch von Informationen und Eindrücken sowie interaktive Karten. Die AirProbe-App funktioniert in Verbindung mit einer kleinen batteriebetriebenen Sensorbox, die leicht in einem Rucksack oder einem Fahrradkorb mitgeführt werden kann, und sich mit Ihrem Mobiltelefon über Bluetooth verbindet. Nach dem Einsaugen der Luft schickt die Box die gemessenen Werte für Ozon, Ruß und andere Schadstoffe an einen zentralen Server, der wiederum Angaben zu den schadstoffbelasteten Gebieten der Stadt versendet sowie vor Zeiten mit der höchsten Luftverschmutzung warnt.
Während des Projekts haben die Forscher das System mit Freiwilligen im Rahmen eines Wettbewerbs in vier Städten – London, Antwerpen, Kassel und Turin – erprobt. Diese „Air Ambassadors“ haben über 28 Millionen Luftqualitätspunkte gesammelt. Sie gaben Rückmeldungen zu den Instrumenten – z. B. wird empfohlen, die Sensorbox kleiner und wasserfest zu machen – sowie zu ihrer Wahrnehmung und ihrem Gefühl.
„Es ist interessant, den Unterschied zwischen dem Gefühl, das wir haben, unserer Wahrnehmung und den tatsächlichen Daten zu sehen“, erklärten mehrere Teilnehmer. „Sogar die großen Straßen waren nicht so belastet, wie ich vorher gedacht hatte“, sagte ein Läufer, der an der Erprobung teilgenommen hat.
Eine für alle zugängliche Technologie
Das System wird derzeit in Schulen und für neue Studien eingesetzt. So haben beispielsweise über WideNoise erhobene Daten eine Reaktion auf den vorgeschlagenen Ausbau des Flughafens Heathrow bewirkt.
Was AirProbe betrifft, so müsste die Sensorbox serienmäßig hergestellt werden, damit sie in größerem Umfang genutzt wird.
„Derzeit stelle ich mir eine wesentlich kleinere, im Idealfall in unsere Kleidung oder Gegenstände integrierte Sensorbox vor“, erklärt Professor Loreto. „Die Integration in Smartphones ist natürlich auch angedacht, allerdings erst längerfristig. Es hängt alles davon ab, welche Unternehmen an der Herstellung der Sensorbox interessiert sind und wie viel die Hersteller von Smartphones zu investieren bereit sind.“
Anhand der gesammelten Informationen können Wissenschaftler auch Trends analysieren und diese Informationen online für Bürger und Behörden bereitstellen. Dies könnte beispielsweise für die Bewältigung von Staus hilfreich sein. „Es ist noch zu früh für Schlussfolgerungen, doch wird es interessant sein zu sehen, wie Menschen ihr Verhalten ändern, je mehr sie für die Umwelt sensibilisiert werden“, ergänzt Professor Loreto.
Hierzu die für die Digitale Agenda zuständige Vizepräsidentin der Kommission Neelie Kroes (@NeelieKroesEU): „Dank neuer Technologien befinden wir uns nun im Zeitalter der Bürgerwissenschaft, in dem jeder zum Nutzen der Allgemeinheit Daten erzeugen, erheben und austauschen kann. Dies gilt für Umweltdaten, aber beispielsweise auch für Gesundheits- und Kulturdaten. Mehr als je zuvor bietet sich heute die Chance, besser informiert und miteinander verbunden zu sein, wir müssen sie nur ergreifen“.
Der schleichende Tod durch Luftverschmutzung ist eine der häufigsten Todesursachen in Europa. Schätzungen zufolge verstarben im Jahr 2010 in der EU mehr als 400 000 Menschen vorzeitig aufgrund der Luftverschmutzung. Auf die schlechte Luftqualität sind ferner steigende Krankheitskosten, sinkende Produktivität der Wirtschaft sowie Schäden an Ackerkulturen und Gebäuden zurückzuführen. Während das EU-Recht hohe Luftqualitätsnormen gewährleistet, sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, Luftschadstoffe zu überwachen und für die Einhaltung der Grenzwerte zu sorgen. Die Europäische Kommission hat ferner neue Maßnahmen vorgeschlagen, die der Rettung von Leben und dem Schutz der Gesundheit dienen sollen.
Lesen Sie mehr über das Projekt EVERYAWARE (auch auf Französisch, Englisch, Italienisch, Polnisch und Spanisch).
Hintergrund
Das Projekt EVERYAWARE erhält Fördermittel aus dem Siebten EU-Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung (#FP7) (2007–2013). Das neue EU-Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020 (#H2020) lässt mit einer Mittelausstattung von 80 Mrd. EUR für die kommenden sieben Jahre (2014–2020) sogar auf noch größere Durchbrüche hoffen.
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